Tanz im Mies-Modell: Vom Sonnenlicht zum Mondenschein

Im Mies-Modell auf dem Egelsberg erlebten die Zuschauer eine ganz besondere Performance über Architektur und Landschaft.

Krefeld. Tanz an einem außergewöhnlichen Ort, das konnten die Besucher der Reihe „Mies und Muse“ erleben. Das 1:1-Modell eines Golfclubhauses von Ludwig Mies van der Rohe erwies sich als perfekte Bühne, die durch die wunderschöne Abendstimmung auf dem Egelsberg einen besonderen Zauber entfaltete.

In ihrem Tanzstück „About Sky(s)“ setzt sich die in Duisburg ansässige Compagnie von Avi Kaiser und Sergio Antonino mit dem Thema Architektur und Landschaft auseinander. Die durch mehrere Auftritte in der Fabrik Heeder gut bekannten Tänzer und Choreografen passten mit nur einer Probe ihr Stück den Gegebenheiten des Ortes an.

Am Rand der Terrasse, wo auch das Publikum platziert ist, nimmt die gut einstündige Aufführung ihren Ausgangspunkt. Vier Tänzer und zwei Tänzerinnen stellen sich in verschiedenen Positionen an der Terrassengrenze auf. Sie greifen nach den sechs weißen rechteckigen Kisten, die dort wie zufällig stehen, und bewegen sie über den Boden. Dann überschreiten sie die Grenze zum Festsaal, die nur durch bodentiefe Fensterrahmen angedeutet ist.

Drei Zonen, der freie und der überdachte Teil der Terrasse sowie der angrenzende Innenraum, werden zum Spiel-und Experimentierfeld. In unterschiedlichen Formationen und Konstellationen erforschen die Tänzer den Raum, erobern ihn zunehmend, stoßen auch an seine Grenzen. Der Kontrast zwischen einer großen Wand und den Ausblicken rechts und links in die Weite der spätsommerlichen Landschaft erweist sich dabei als spannendes Element.

Nicht planen konnten die Akteure die besondere Stimmung des Abends. Während die eine Hälfte der Bühne noch in abendliches Sonnenlicht getaucht ist, leuchtet über der offenen Terrasse schon der Mond.

Dass die Sopranistin Janin Roe-der, die von Marko Kassl kongenial am Akkordeon begleitet wird, das Nebeneinander von Sonne und Mond besingt, ist da fast zu schön, um wahr zu sein. Mit ihrer expressiven Stimme schafft sie mit unterschiedlichen Gesangseinlagen einen vielfältigen Klangteppich für den Tanz. Von einer Händel-Arie über jazzige Anklänge bis zu schrillen Passagen reicht die Spannweite.

Entsprechend ändert sich der Charakter des Tanzes, der mit seinen häufig linearen Strukturen die klare Architektur des Ortes widerspiegelt. Gegen Ende holen die Tänzer die weißen Kisten wieder auf die Terrasse, setzen sich darauf und blicken in die nun schon dämmrige Landschaft. Ein starkes Bild, doch erst mit dem Aufschichten der Kisten zur Skulptur setzen sie den Schlusspunkt. Viel Beifall.

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