Tanz: Ein Globetrotter zieht weiter

Der Tänzer Emmerich Schmollgruber verlässt das Ensemble. Für die Zukunft hat er noch keinen Plan — und genießt dieses Gefühl.

Krefeld. Den Kopf verhüllt und mit gespreizten Armen tastet sich eine dunkle Gestalt aus der Tiefe des Bühnenraums langsam nach vorne. In geschmeidigen und zugleich bedrohlichen Bewegungen umkreist er den Picador, wobei seine Arme zu Hörnern werden, die ihr Opfer nach kurzem Kampf aufspießen.

Der Stier im Ballett „Carmen“ ist Emmerich Schmollgrubers letzter Auftritt im Stück und seine Abschiedsrolle in Krefeld. Mit dem Ende der Spielzeit verlässt der beliebte Tänzer auf eigenen Wunsch das Gemeinschaftstheater. „Es ist ein guter Zeitpunkt zu gehen und noch etwas Neues auszuprobieren“, sagt der 28-jährige im Gespräch mit der WZ.

Seine privat sehr lässigen Klamotten verhüllen eine athletische Tänzerfigur, nur beim Fototermin auf dem Theaterplatz verraten die perfekte Arm-und Fußstellung das jahrelange Training. Bei einer Tasse Rooibos-Tee plaudert der gebürtige Österreicher über seine Jugend in Südafrika, das bis heute für ihn Heimat ist. „Mein Papa war Biochemiker und ein Abenteurer“ sagt er mit einem Schmunzeln.

So kam es, dass der kleine Emmerich zwar in Linz geboren wurde, aber schon als Kleinkind in die Nähe von Kapstadt zog. Der Ballettunterricht der älteren Schwester weckte das tänzerische Interesse beim Sechsjährigen. „Ich habe alles nachgemacht, weil ich die Aufmerksamkeit auf mich lenken wollte“, sagt er. Eine Ballettlehrerin erkannte sein Talent: „Während andere Jungs auf den Fußballplatz gingen, fuhr ich in die Ballettschule.“

Später musste er dafür per Zug nach Kapstadt reisen — kein ungefährliches Unterfangen. „Doch dieselbe Strecke fuhr auch ein Schwarzer, der hatte immer eine Knarre dabei und deshalb habe ich mich mit ihm ein bisschen angefreundet“, erzählt er. Nach der Schule studierte er drei Jahre Tanz an der Universität von Kapstadt, ein Stipendium führte ihn nach Kanada. Die intensive Arbeit dort mit Gleichaltrigen bezeichnet er als seine beste Zeit.

Nach den Anfangsjahren beim Cape Town City Ballet zog es ihn nach Europa. Ein Freund vermittelte ihm ein Vortanzen an der Düsseldorfer Oper, und so traf er im Herbst 2008 mit einem Koffer und ohne Rückflugticket hier ein. Mit dem Engagement klappte es nicht, doch Schmollgruber blieb cool. „Keinen Plan zu haben ist ein geiles Gefühl“. Anfang 2009 stieß er zur hiesigen Compagnie.

Gleich in seiner ersten größeren Rolle wurde er gefeiert. Die geheimnisumwitterte Figur des Schicksals in „Tschaikowskys Träume“ ist bis heute seine Lieblingsrolle. Die Arbeit mit Robert North hat ihm viel gebracht und er schätzt vor allem dessen athletisch geprägte Choreografien wie „Troy Games“ und „Bolero“.

Zukünftig möchte er freiberuflich tätig sein und durch die Welt ziehen, gerne nach Südeuropa. Ab Herbst wird er zunächst am Theater Würzburg in „Cyrano de Bergerac“ und „Besuch der alten Dame“ zu sehen sein. Alles Weitere ist noch offen.

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