Sensible Hommage an Aznavour

„Bonsoir la France“ hieß es beim Chanson-Abend in der Weinbrennerei Dujardin.

Sensible Hommage an Aznavour
Foto: Lothar Strücken

„Voir les musiciens . . . voir les comédiens . . . qui arrive ici“ („Sieh die Musiker, sieh die Schauspieler, die hier ankommen, morgen sind sie schon wieder fort“). Warm und engagiert klingt das Chanson, mit dem Jean-Claude Séférian den französischen Abend einleitet. Begleitet wird er von seiner Frau Christiane Rieger-Séférian am Piano und Jan Klare, Saxophon und Klarinette. „Formidable“ ist das Motto dieses Abends, eine Hommage an Charles Aznavour im Hof der Weinbrennerei Dujardin in Uerdingen. Ein Ort, zu dem die Musik, die Musikidee „wandelt“. Ein Ort in Krefeld, der einlädt zum Verweilen, zum Zuhören.

Poetisch sind die Chansons. Beispielsweise das Stück von Aznavour, in dem er erzählt, wie es war, als er 20 Jahre alt war. Und dass er immer noch, später, eben jenen blauen Anzug trägt, den er sich zu Beginn seiner Karriere, die er sich damals als schnell und kometenhaft verlaufend vorstellte, angeschafft hat. Nun hatte es doch mit dem ersten großen Durchbruch gedauert.

Sensibel in der Stimme gestaltete Jean-Claude Séférian die verschiedenen Chansons, „La douce maman“ erzählt vom Sterben der Mama inmitten spielender Kinder und dem Onkel, der Gitarre spielt — eine Liebeserklärung an die Mama, die nicht vergessen werden wird. Er wird einfühlsam begleitet von Christiane Rieger-Séférian und Jan Klare, der durch sein Saxophonspiel den Klang der Stimme verstärkt. Séférian erzählt von der armenischen Herkunft Aznavours, seiner Liebe zur Musik, erzählt von seiner eigenen Begeisterung für den Gesang, für das Chanson.

Und das französische Chanson ist oft politisch, seit Alters her, es trägt Provokation in sich, wie die Erzählung des traurigen Transvestiten, der mit Mutter, Katze und Kanarienvögeln zusammenlebt und sich nach dem „copain“, dem Kameraden „schön wie ein Gott“ sehnt, der aber immer mit Frauen im Bett liegt.

Séférams Stimme ist wandlungsfähig, zieht sich zurück in die leisen Töne, steigert sich, wird temperamentvoll, besonders im Lied der zwei Reisenden, die tanzen und dabei viel Wein trinken, oder auch der Sehnsucht des französischen Liebhabers nach seiner russischen Liebe „Natalie“.

Zwischendurch gibt es einen Sketch um das Verfliegen der Liebe, um das nicht gewünschte „Sich-Gehen-Lassen“ der Frau, die in Lockenwicklern keine Attraktion mehr ausstrahlt, und das gewünschte „Sich-Gehen-Lassen“ der Frau am Abend, gespielt von Christiane Rieger Séférian.

Immer wieder erzählt Séférian von Charles Aznavour, der mit 94 Jahren in Paris lebt und auch immer noch selbst sein Chanson singt, in dem er sich an sich im Alter von 20 Jahren erinnert. Séférian gelingt es, das Publikum in seine Chansons einzubeziehen, besonders zuletzt, wenn er seine eigene Leidenschaft des Singens thematisiert: „J’ai chanté“ singt er und lässt das Publikum nachsingen. Das lernt ausgesprochen schnell und entwickelt sich zum Chor, der auf diese Weise das Chanson untermalt, begleitet. Freude, Genuss und Begeisterung an einem besonderen Sommerabend.

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