Orgelzyklus 2018 Ein Klangerlebnis an der Klais-Orgel

Krefeld · Der junge russische Organist Mansur Yusupow begeisterte in St. Dionysius.

Mansur Yusupov aus Kaliningrad hat die Urkunde über den Orgelpreis der Stadtkirche St. Dionysius erhalten.

Mansur Yusupov aus Kaliningrad hat die Urkunde über den Orgelpreis der Stadtkirche St. Dionysius erhalten.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Für Mansur Yusupow ist sein Solokonzert ein Teil eines Gewinns. Der junge russische Organist ist erster Preisträger des Orgelwettbewerbs Kaliningrad. „Vor ungefähr eineinhalb Jahren fragte mich die Jury des Orgelwettbewerbs in Kaliningrad, ob der Gewinner des Wettbewerbs 2018 als besondere Auszeichnung an unserer Klais-Orgel ein Solokonzert geben dürfe“, sagt Andreas Cavelius, Organisator des Internationalen Orgelzyklus’ in St. Dionysius. „Mindestens so wichtig wie der Gewinn dieses Wettbewerbs ist es für junge Musiker, eine Konzertverpflichtung zu bekommen und dadurch auch neue Verbindungen zu schaffen.“

 Der musikalische Hausherr der Dionysiuskirche erklärt: „Der weltweite Orgelwettbewerb wird in drei Runden ausgetragen. Die erste Runde findet in Montreal in Kanada statt, die nächste in Hamburg und die abschließende natürlich in Kaliningrad. Und so ist Mansur Yusupow diesmal unser Gast an der Klais-Orgel“, freut er sich. Er sei der jüngste Organist, der in der Diokirche in den elf Jahren Internationaler Orgelzyklus ein Konzert gegeben habe. Vor Beginn der Veranstaltung erhält der junge Russe eine Urkunde über den Orgelpreis der Stadtkirche St. Dionysius Krefeld. Sie ist gleichzeitig eine Erinnerung an seinen ersten Auftritt in Deutschland.

Da das Motto der Konzertreihe unter B-A-C-H steht, beginnt Yusupow auch mit einem Werk von Johann Sebastian Bach, der Passacaglia in c-Moll (BWV 582). Getragen beginnt er das Stück und macht daraus durch die entsprechende Registerwahl und das Nutzen des Schwellwerks zur Steigerung der Lautstärke ein monumentales Klanggebäude. Die Freude am großen Klang, die ihn auch von Klavier zur Orgel hat wechseln lassen, ist hier bereits unüberhörbar. Doch in seinem nachfolgenden Programmpunkt „Allein Gott in der Höh’ sei Ehr“, ebenfalls von J. S. Bach, zeigt er, dass er auch für ein liedartiges Orgelwerk die passenden Register zu ziehen versteht. Der Reichtum der Klangfarben an der Klais-Orgel wird deutlich.

Bei der Fuge über Bach W YA50 von Johann Christian Bach (1735-1782), einem Sohn Johann Sebastian Bachs – auch der „Londoner Bach“ genannt –, präsentiert Yusupow vor allem das Klangspektrum näselnd klingender Register. Es folgt von Richard Wagner (1813-1883) „Zug zum Münster“ aus der Oper „Lohengrin“. Sofort wird mit schwebenden Klängen erkennbar, dass man in der romantischen Musik angekommen ist. Das feierliche Stück findet ohne Pomp statt. Es ist eher andächtig und wird lange von leisen Tönen bestimmt. Erst zum Ende wird es strahlend monumental in der Interpretation von Yusupow. Mit Michael Tariverdiev (1931-1996) und der Aria aus dem Konzert Nr. 1 „Kassandra“ kommt ein moderner russischer Komponist zum Zug. Eine hohe Flötenstimme bewegt sich über einem tiefen, dunklen Fundament.

Die Aria erhält ebenfalls meditative Züge. Stellenweise verliert sich die hohe Stimme gegenüber einem drückenden Bass und Pedalspiel. Ob es vom Komponisten so gewünscht wird, vom Organisten auf diese Weise interpretiert zu werden, lässt sich bei dem unbekannten Werk nicht sagen. Einen weiteren hierzulande recht unbekannten Komponisten, obwohl es sich in diesem Fall um einen deutschen Musiker und einen Schüler von Franz Liszt handelt, hat sich Yusupow an das Ende seines Programms gesetzt: Julius Reubke (1834-1858) mit seiner Sonate über Psalm 94.

Diese Sonate gilt als eines der schwersten Werke der romantischen Orgelliteratur (so A. Cavelius). Sie gibt Yusupow die Gelegenheit, dramatische Stimmungen inklusive „Klanggewitter“ zu schaffen. Da scheint fast der Kirchenraum zu zittern, als würde man Zeuge eines göttlichen Gerichts. Und neben diesem Klangrausch ist man überrascht zu erkennen, wie sehr dieser Schüler Liszts seiner Zeit voraus war – man würde ihn mühelos auch ins 20. Jahrhundert einordnen können.

Mit einer leiseren und beruhigenderen Zugabe aus Tschaikowskys Nussknackersuite, dem Tanz der Zuckerfee, endet das Konzert. Für den charakteristischen Klang einer Celesta hat Yusupow natürlich auch an der Klais-Orgel ein ähnlich klingendes Register gefunden.

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