Pop schlüpft lässig ins Jazzgewand

Mit Vijay Iyer hatte der Jazzklub einen neuen Stern am Musikhimmel zu Gast. Er gewinnt bekannten Songs neue Seiten ab.

Krefeld. Die Jazzpresse überschlägt sich geradezu vor Lobeshymnen. Man glaubt wieder einmal, die große Hoffnung des Jazzpianos entdeckt zu haben. Dieses Mal ist es der indischstämmige Vijay Iyer aus New York, den die Krefelder bereits 2008 beim Linner Jazzfestival in Rudresh Mahanthappas Band "Codebook" erlebt haben. Am Montag kam Iyer mit seinem eigenen Trio auf Einladung des Jazzklubs ins Stadttheater.

Überwiegend präsentierte er Musik aus seinem Album "Historicity" (2009). Neben Material von ihm und anderen Jazzern gibt es dort Bearbeitungen populärer Songs. Bernsteins "Some-where" ist dabei, "Galang" von der englischen Rapperin M.I.A., "Big Brother" von Stevie Wonder. Im Theater gab es als Zugabe auch noch "Human Nature" von Michael Jackson.

Iyers Umgang mit diesem Material dürfte einer der Gründe für seinen Erfolg sein. Er fragmentarisiert die Stücke oder bearbeitet die Rhythmik. Von Wonders "Big Brother" übernimmt er die Kraft des Grooves, aus "Human Nature" macht er im solistischen Teil durch Reduktion ein balladeskes Glanzstückchen. Er gewinnt den Songs neue Seiten ab.

Dabei hilft ihm, dass er die Geschichte des Jazzpianos verinnerlicht hat. Stridepiano ist zu hören, Blockakkorde à la McCoy Tyner, schräge Melodik à la Monk und mehr. All das übernimmt er aber nicht einfach, sondern kombiniert es nach Belieben.

Die Arrangements sind oft sehr komplex, die Spielweise wechselt ständig zwischen fast schon freiem und doch wieder gebundenem Spiel, wobei Stephen Crump (Kontrabass) und Marcus Gilmore (Drums) ihrem Pianisten stets flexibel folgen.

Vermisst man bei all dem etwas? Ab und zu würde man sich vielleicht etwas mehr Emotion wünschen, wie sie bei den wenigen balladesken Momenten lediglich aufblitzt.

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