Pianist Qi Xu überzeugt mit Kraftakt

Der junge chinesische Musiker präsentierte beim Kawai-Konzert Sonaten von Beethoven und Liszt.

Pianist Qi Xu überzeugt mit Kraftakt
Foto: Andreas Bischof

Der Gast des Abends beim Kawai-Konzert in der Musikschule hat sich zwei „dicke Brocken“ auf sein Programm gesetzt. Qi Xu (Jahrgang 1994) aus der Volksrepublik China wagt sich an die beiden Sonaten, die als die schwierigsten überhaupt gelten. In seiner Begrüßung kündigt Philipp Potz von Kawai einen vielseitigen jungen Mann an, der für seinen altersbedingt kurzen Lebenslauf schon eine Menge zu bieten hat — inklusive einem Jahr Studium der Mathematik an der Cambridge University. Die Sonaten von Beethoven und Liszt, die er für den Freitagabend ausgewählt hat, fordern aber nicht nur den Pianisten heraus, auch vom Publikum werde Kondition verlangt, so Potz.

Kraftvoll im Fortissimo und temporeich kann Xu in der Klaviersonate Nr. 29 in B-Dur op. 106, der „Hammerklaviersonate“ von Ludwig van Beethoven (1770-1827) im ersten Allegro gleich zur Sache kommen. Aber der Komponist gibt seinen Interpreten auch den Raum für fröhlich abwärts perlende Läufe. Für Xu bietet sich darin die Gelegenheit, voller Energie und Freude zu spielen, wie man ihm unschwer ansehen kann.

Er durchlebt die Musik, die darin steckenden Emotionen in seiner Interpretation. Trotz der kurzen, eher verspielten Phasen bleibt der Grundtenor kraftvoll, jung-dynamisch. Dabei stürmt er nicht wild über die Tasten, sondern arbeitet die Phrasierungen schön heraus; er hat eben seine Energie und Virtuosität bestens im Griff.

Man könnte sich nur hin und wieder wünschen, in einem großen Konzertsaal zu sitzen und dort nicht in den ersten Reihen. Es zeigt sich auch, wie sehr der Flügel von ihm herausgefordert wird, aber der Shigeru ist auch belastbar, hält dieser Herausforderung natürlich stand. Im zweiten Satz Assai vivace Presto kann Xu weiter die technischen Schwierigkeiten des Stückes souverän meistern. Beim Adagio sostenuto, dem dritten Satz, sind andere Nuancen gefordert. Melancholie bis hin zu Trauer holt er aus den Noten heraus, hier kommt jeder einzelne Ton zu seinem Recht.

Dabei setzt er das Pedal viel ein und gibt dem Satz eine stark romantische Note. Damit unterstreicht er die vielen Stimmungen und Gefühlsschwankungen, die in diesem Adagio stecken. Sein sensibles Spiel ist auch im einleitenden Largo des vierten Satzes gefragt, bis er dann wieder zu einer kraftvollen wie virtuosen Interpretation kommen kann. Kurze verspielte Elemente unterbrechen die monströsen Akkordfolgen. Beim Abschluss der Sonate, einem Allegro risoluto, besteht keinen Takt lang Zweifel am Namen dieses Satzteiles. Die „Unspielbarkeit“ dieser Sonate wird hier noch einmal offensichtlich, doch für den jungen chinesischen Pianisten ist auch dieser Satz ein Hürde, die er sportlich und makellos nimmt. Nach der Pause bietet Xu von Franz Liszt (1811-1886) die Klaviersonate in h-Moll. Liszt war übrigens der erste Pianist, der es rund zwanzig Jahre nach dem Komponieren der Hammerklaviersonate wagte, diese öffentlich zu spielen und ihr so zu ihrer Uraufführung zu verhelfen. Dass Liszt selber als Komponist von „unspielbaren“ Stücken gelten darf, macht seine h-Moll-Sonate ebenfalls deutlich. Sie beginnt mit einem quasi höflichen Anklopfen in einer traurigen Stimmung, doch dann kann der Interpret im gleichen Modus wie bei der Beethoven-Sonate fortfahren. Seine Kondition reicht auch für den musikalischen Kraftakt Nummer 2, der ihm nicht die geringste Atempause erlaubt. Liszt schrieb das rund eine halbe Stunde beanspruchende Werk als einen einzigen Satz - ohne Pausen. Für den langen Applaus bedankt sich Xu mit einer heiteren, tänzerischen Zugabe.

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