Operette: Der Rausch wird zum Programm

„Fledermaus“ von Johann Strauß bei der Premiere im Stadttheater mit Recht umjubelt.

Krefeld. Die Champagnerflaschen drehen sich im Kreise, Rausch ist hier Programm. Opulent hat Rheinhardt Friese „Die Fledermaus“ fürs Stadttheater in Szene gesetzt. Als die „Operette der Operetten“ 1874 in Wien uraufgeführt wurde, herrschte dort auch eine Wirtschaftskrise. In Krefeld feiert das Werk von Johann Strauss in Zeiten des Nothaushalts Premiere — das ist sicher keine beabsichtigte Parallele.

Die musikalische Qualität ist hoch, man hört das schon bei der Ouvertüre. Fast alle Themen, alle Polkas, Walzer und so fort klingen hier an. In freier Form reiht Strauß das mit Tempo- und Rhythmuswechseln geschickt aneinander, eine Herausforderung, die die Niederrheinischen Sinfoniker unter Andreas Fellner souverän meistern — wie auch den Rest des Abends.

Die Handlung gliedert sich in drei Akte. Der Vorfreude aufs Amüsement folgt die rauschende Ballnacht, dann die Katerstimmung. Dafür hat Günther Hellweg einen großzügigen Salon, dann einen weiträumigen Ballsaal gebaut. Letzterer wird durch Kippen der Rückwand und Absenken des großen Leuchters derangiert, so zum Gefängnis fürs letzte Bild gemacht. Die Kostüme von Annette Mahlendorf passen zum Ende des 19. Jahrhunderts.

Zwei Batman-Kleiderhaken sind der einzige Anachronismus, ein überflüssiger Verweis auf den Strippenzieher der Handlung, auf den Notar Falke (Rafael Bruck), der einst in Fledermaus-Verkleidung vom Protagonisten Eisenstein vorgeführt wurde.

Die Irrungen und Wirrungen der humorvoll getexteten Verwechslungskomödie muss man hier nicht erzählen. Es gibt beim singenden Personal einen betrogenen Betrüger (Michael Siemon als Eisenstein) und seine gewitzte Gattin (Izabela Matula), ein aufmüpfiges Zimmermädchen (Sophie Witte als Adele), einen tollpatschigen Advokaten (Walter Planté) und weitere komische Rollen. Man hat viel zu schmunzeln.

Der witzigste Part ist der nicht singende Gefängniswärter Frosch im dritten Akt. Intendant Michael Grosse macht dem Dauerbesäuselten Beine, ohne ihn durch allzu große Übertreibung straucheln zu lassen. „Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist“ — diese Liedzeile der Fledermaus könnte als Programm für viele Operetten dienen. Realitätsflucht feiert hier fröhliche Urständ, sie tut es mit einem Bündel „unsterblicher Melodien“. Schmissige Tanzeinlagen (Choreographie: Robert North) dürfen da nicht fehlen.

Stimmlich gefallen bei der Premiere Sopranistin Sophie Witte als Adele, die Izabela Matula als Rosalinde einfach an Strahlkraft übertrifft, und Tenor Kairschan Scholdybajew als Liebhaber Alfred, der Michael Siemon mit größerer Geschmeidigkeit übertrumpft. Viel Applaus für eine temporeiche und gewitzte Inszenierung.

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