Muster hoher Textilkunst - Johan von der Leyens Musterbuch

Die Archivbücher der Seidenfabriken waren zum Teil auf Französisch verfasst. Angeblich war auch Napoleon Kunde.

Krefeld. In der Franzosenzeit hat auch die Sprache im Rheinland ihre Spuren hinterlassen. Viele Fremdwörter von damals sind bis heute geblieben, und Zeugnisse gibt es auch aus dem Geschäftsverkehr jener Zeit, der zum Teil auf Französisch abgewickelt wurde.

So gibt es im Museum Burg Linn ein Musterbuch aus dem Jahre 1805. Es gehörte einem Johan von der Leyen. Auf dem Einband steht: Mai 1807 — Oct. 1809.

Schon im Sommer 1804 soll Napoleon Arm in Arm mit dem Seidenfabrikanten Fritz von der Leyen am Rhein spaziert sein, heißt es süffisant in einem Text zu dieser Zeit. Er habe sich dessen Musterbücher nach Paris schicken lassen. Der Hintergrund war ökonomisch: Frankreich strebte eine wirtschaftliche Unabhängigkeit von England an.

Der vertrauliche Umgang des Kaisers mit seinem Untertan lag sicher auch in den politischen Aufgaben, die „Fritz“, der eigentlich Friedrich Heinrich von der Leyen hieß, übernommen hatte. Er war seit 1800 Bürgermeister Krefelds und gehörte von 1804 bis 1814 zum Präfekturrat. Außerdem wohnte Napoleon bei seinem Besuch 1804 bei den von der Leyens. Zu dieser Zeit wurde auch die „Chambre consultative de manufactures, fabriques, arts et métiers“ gegründet, die heutige Industrie- und Handelskammer.

Im großformatigen Buch des Johan von der Leyen finden sich lauter Stoffstücke, es sind Muster aus der Textilfabrikation jener Zeit. Ordentlich sortiert nach Stärke, Farbe, Qualität. Diese Stücke sind so gut erhalten, dass sie wie gerade eingeklebt wirken. Am liebsten würde man sie anfassen.

Musterbücher wie dieses dienten der Archivierung. Zu den kleinen Stoffstücken wurde genau angeführt, welches Material verwendet wurde, welches Gewicht die Garne hatten, wie die Schussdichte und die Einstellung des Kettfadens festgelegt waren. Auch die Webart wurde vermerkt. Die Bücher dienten der innerbetrieblichen Kontrolle und für Nachbestellungen: „Stimmt die Farbe?“ war dann die Frage.

Man sagt übrigens, dass der Krönungsmantel Napoleons aus Krefelder Samt geschneidert war — das war im Dezember 1804. Vielleicht wurden die Musterbücher des Friedrich Heinrich von der Leyen dafür sogar als Bestellbücher verwendet. Einige weitere Musterbücher verzeichnet das Textilmuseum in seinem Bestand. Dennoch: Erstaunlicherweise wurden nach dem Absterben der Textilindustrie nur wenige dieser kostbaren Bücher gerettet.

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