Musiker zeigen Eigeninitiative

Ohne öffentliche Förderung organisiert die Orchesterakademie NRW sich selbst. Was viele nicht wissen: Ihr Sitz ist in Krefeld.

Krefeld. Auf ihre berühmte Namensschwester, die Sopranistin Christine Schäfer, wird sie gerne angesprochen. Denn auch Charlotte Schäfer hat Gesang studiert. Heute vertritt die 25-Jährige die Orchesterakademie NRW in der Öffentlichkeit und kämpft für eine bessere Wahrnehmung der jungen Musiker. "Wir sind ein Orchester, das sich vollständig selbst organisiert", erzählt sie.

Seit fast fünf Jahren agiert die Akademie von Krefeld aus und tritt in ganz Nordrhein-Westfalen auf. Charlotte Schäfer kam vor zwei Jahren zu diesem jungen Ensemble: "Man suchte eine Klarinette, das habe ich an der Krefelder Musikschule bei Laszlo Dömötör studiert."

Und nun spielt sie eben nicht nur in der Akademie, sondern ist eine von sechsen im Orchesterrat, die stellvertretende Vorsitzende. Das demokratische Gremium regelt die Geschäfte: Arbeitsphasen bestimmen, Noten organisieren, Säle anmieten, sich mit dem Förderverein abstimmen. Bei dieser Akademie, die keine öffentlichen Fördergelder bezieht, ist der Verein der finanzielle Motor.

Das Seidenweberhaus zum Beispiel ist zu teuer, also hat die Akademie auch für ihr nächstes Krefelder Konzert die Friedenskirche gemietet. "Wir sitzen in Krefeld, und deswegen spielen wir pro Saison ein Konzert in dieser Stadt", erklärt Charlotte Schäfer. Aber es geht eben auch ins ganze Land hinaus, wie alle Mitglieder aus den verschiedenen Ecken NRWs stammen. Es kommen sogar welche aus Bremen oder Wien zu den Proben.

Die Musiker des Orchesters sind Schüler, Studenten und Profis zwischen zwölf und 35 Jahren. Wer schon mehr Erfahrung hat, gibt sie weiter: "Anleitung und Interaktion sind uns wichtig, die Älteren sind die Tutoren für den Nachwuchs". Übereinstimmung herrscht auch bei der Auswahl der Stücke: "Die Idee von Toleranz prägt unser Programm", sagt Schäfer. "Wir haben keinen Platz für Ellenbogenmentalität."

Für ihre 20. Probenphase hat die Akademie zwei Requien ausgewählt. Dem Deutschen von Johannes Brahms folgt "Vom Winde beweint" für Soloviola und Orchester von Giya Kancheli, einem Zeitgenossen aus Georgien. Zu Allerheiligen kommen die Musiker zusammen, Gastdirigent ist Michael Preiser aus Münster. Kurz darauf wird das Einstudierte in Bielefeld, Münster und eben Krefeld aufgeführt.

Auch für die Phasen 21 und 22 stehen die Stücke schon fest, geprobt wird einmal im Frühjahr, einmal im Herbst. In der Zwischenzeit gehen die Akademie-Mitglieder ihren Aufgaben nach: Charlotte Schäfer schreibt an ihrer Doktorarbeit für die Folkwang Hochschule Essen.

Die Akademie hat auch ihren Leiter selbst gekürt: Seit diesem Sommer führt Dirigent Philip van Buren das junge Ensemble. "Wir schätzen seine pädagogischen Fähigkeiten und seine Kenntnisse der Musik des 20. Jahrhunderts", sagt Schäfer.

Der offene Umgang und die gegenseitige Unterstützung im Sinne der Toleranz - das ist das Geheimnis der Orchesterakademie. "Wir haben sehr viel Freude an der Musik", betont Charlotte Schäfer. Genau das ist bei der jungen Frau und ihren Mitstreitern deutlich spürbar.

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