Theater Großer russischer Roman kommt in Krefeld auf die Bühne

Krefeld · Am Sonntag feiert „Der Meister und Margarita“ Premiere im Theater. Ein Überblick über das, was man zur Vorlage und zur hiesigen Inszenierung vorab wissen sollte. Einen ersten Vorgeschmack gibt es im Internet.

 Regisseurin Zara Antonyan thematisiert in „Der Meister und Margarita“ die Fragen, wie der Mensch seinen Idealen und sich treu blieben kann, welche Kompromisse er macht und wann er einknickt.

Regisseurin Zara Antonyan thematisiert in „Der Meister und Margarita“ die Fragen, wie der Mensch seinen Idealen und sich treu blieben kann, welche Kompromisse er macht und wann er einknickt.

Foto: Matthias Stutte/© Matthias Stutte

Das ist die Vorlage: Michail Bulgakows Roman zählt zu den wichtigsten Werken der russischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Der Autor hat daran von 1928 bis zu seinem Tod 1940 gearbeitet, also im zweiten Jahrzehnt der Sowjetunion und einer Zeit, in der seine Stücke nicht gespielt wurden. „Der Meister und Margarita“ besteht aus drei Handlungssträngen:

1. Der Teufel (Voland) kommt in der Karwoche nach Moskau und stiftet dort Chaos. Die Behörden haben reichlich zu tun, um die Behauptung aufrechtzuerhalten, es geschehe nichts dergleichen.

2. Ein Schriftsteller, der Meister genannt, verfasst einen Roman über Pontius Pilatus. Zwei Kapitel erscheinen in einer Zeitschrift und werden fürchterlich kritisiert. Der Meister fürchtet um sein Leben, kommt für einige Monate in ein Lager und bewegt sich mindestens am Rande des Wahnsinns. Das hat tragische Folgen für ihn und die Liebe seines Lebens, Margarita.

3. Die Handlung des Werks im Werk wird ausführlich erzählt. Es geht um das Verhältnis von Pontius Pilatus zu Jesus (bei Bulgakow: Jeschua han-Nasri) kurz vor dessen Kreuzigung. Sie sprechen über ihre Ideale und Jesu Wirken, eine Begnadigung scheint möglich.

So wurde der Stoff bisher auf die Bühne gebracht: Die erste Bühnenfassung im deutschsprachigen Raum war in Hamburg zu sehen. Die Berliner Volksbühne adaptierte das Werk unter der Regie von Frank Castorf 2002. Es stand dort sechs Jahre auf dem Spielplan. Das Burgtheater in Wien führte eine weitere Interpretation ab 2006 auf. In der Region war „Der Meister und Margarita“ vor gut zwölf Jahren im Düsseldorfer Schauspielhaus zu erleben. Die Version des hiesigen Theaters ist das Stück, mit dem die vergangene Spielzeit in Mönchengladbach eröffnet wurde.

Das soll die Inszenierung in Krefeld ausmachen: Regisseurin Zara Antonyan ist in der Sowjetunion geboren und hat lange in Moskau gelebt. Sie liebt die Sprache des Romans und war stets enttäuscht, wenn sie Fassungen auf der Bühne sah: Die Bilder dort entsprachen nicht dem, was sie sich beim Lesen vorgestellt hatte, und entwickelten nicht die Kraft wie der Roman. Sie hat deshalb einen eigenen Theatertext für die Inszenierung am Niederrhein geschrieben. „Es war ein großes Glück, die Möglichkeit zu haben, ins kalte Wasser dieses großen Romans zu springen und den Roman von innen heraus zu verstehen.“

Das Thema, das sie aus den vielen Schichten der Vorlage herausgearbeitet hat, ist das des Suchens, Findens und Treu­seins zu sich selbst: Wie viele Ideale kann der Mensch retten oder verwirklichen? Welche Kompromisse muss er machen? Wann knickt er ein? Das behandelt Zara Antonyan vor allem anhand des Pilatus und des Meisters, – mit Verbindungen zum Autoren Bulgakow, der vergleichbare Erfahrungen machte, hoffte und abwägte, einen Kompromiss mit Stalin zu finden und wieder gespielt zu werden.

Wichtig ist also, die Epoche im Kopf zu behalten, in der Bulgakow schrieb: Gott war gestorben, das menschliche Leben hatte keinen Wert mehr, jeder konnte jederzeit verhaftet und erschossen werden.

Der Handlungsstrang des Teufels tritt im Vergleich dazu etwas zurück, bleibt aber wichtig.

In Krefeld dauert das Stück drei Stunden und zehn Minuten inklusive einer Pause.

Darauf sollten die Zuschauer in Krefeld achten: Die Rollen von Pilatus und dem Meister übernimmt derselbe Schauspieler, Adrian Linke. Diese Parallelität ist wichtig für das erwähnte zentrale Thema, das in den beiden Figuren unterschiedlich beleuchtet wird.

Zwei Szenen bedeuten Zara Antonyan besonders viel: den Fluch der Margarita und die Hinrichtung. In keiner Inszenierung, die sie gesehen hat, gelang es, die Gefühle und Fantasien, die der Roman in diesen Szenen auslöst, auf die Bühne zu übertragen. Von ihrer eigenen Fassung der beiden Szenen sagt die Regisseurin, sie seien „sehr gut gelungen“.

Stephen Ochsner hat die Musik für das Stück zusammengestellt sowie die Videos aus gefundenem und selbstgedrehtem Material kreiert.

Die Termine in Krefeld: Das Stück feiert am Sonntag, 29. September, ab 18 Uhr Premiere, es gibt noch Karten für die Vorstellung. Weitere Aufführungen sind für 18. Oktober, 3. und 19. November, 19. November, 19. Dezember und 29. Januar (jeweils 19.30 Uhr) geplant.

Ein Einblick: Das Gemeinschaftstheater Krefeld Mönchengladbach hat bei Youtube ein Video veröffentlicht, das Ausschnitte aus dem Stück zeigt und mindestens einen guten Eindruck von der Bildgewalt gibt, die den Weg auf die Bühne gefunden hat.

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