Lesung Lyriklesung mit traurigem Unterton

In Versen erzählen die Sprecher Wolfgang Reinke und Ruth Mensah, die Geschichte von Gottfried Benn und Else Lasker-Schüler.

Lesung: Lyriklesung mit traurigem Unterton
Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Krefeld. „Tanz auf dem Vulkan. Eine deutsch-jüdische Liebesgeschichte in Versen“ — Was ist von einer Lesung unter diesem Titel zu erwarten? Drama, Herzschmerz, ein Happy End? Die Sprecher Wolfgang Reinke und Ruth Mensah haben es im Südbahnhof gezeigt. Gekonnt reflektieren die beiden die Liebe zwischen dem 26-jährigen Gottfried Benn und der 43-jährigen Else Lasker-Schüler in Versen. Dabei stellt sich heraus, dass die Liebe nur von kurzer Dauer gewesen ist, von 1912 bis 1913.

Gottfried Benn war der Sohn eines Pfarrers, studierte Medizin, er reflektierte sein Leben in Gedichten. Else Lasker-Schüler stammte aus einer jüdischen Bankiersfamilie und suchte einen Weg zur selbstständigen Bestimmung ihres Lebens. Sie zahlte dafür einen hohen Preis. Immer wieder mittellos, hatte sie zuweilen keine feste Bleibe. 1933 wurde die Dichterin auf offener Straße zusammengeschlagen. Sie emigrierte nach Jerusalem, in eine Stadt, die für sie fremd war. Ihre Gedichte spiegeln Sehnsucht, Trauer und Verzweiflung. Sie bilden eine Verknüpfung des jüdischen Denkens und Erlebens mit der deutschen Sprache. Gottfried Benn begleitete die Dichterin als ihr Sohn, der früh an Tuberkulose starb, begraben wurde.

Wolfgang Reinke hat im Rahmen der Lesung, die verschiedenen Gedichte Benns, in denen er seine Liebe widerspiegelt, mit denen der Dichterin kombiniert: „Liebe, Eros, Liebe schluchzt Stunden, ein paar Monde der Zeit, Liebe, du gibst die Worte.“ Weil die dialogische Gestaltung eine weibliche Stimme verlangt, kommt hier Ruth Mensah ins Spiel. Sie hat sich mit Philosophen und Schriftstellern befasst und kam auf diese Weise auch zu Gottfried Benn und Else Lasker Schüler.

Im zweiten Teil liest sie das Gedicht „Mein blaues Klavier“, eine Gestaltung der Zerstörung, indem das Klavier als „blaue Tote“ beweint wird, da die „Klaviatür“ zerbrochen ist. Die Verzweiflung führt zur Bitte an die Engel, doch „lebend schon die Himmelstür“ zu öffnen als Rettung vom bitteren Leben. Das „Liebeslied“, das die Dichterin verfasste, ist die Empfindung der tiefen Sehnsucht nach Liebe: „Komm zu mir in der Nacht“ und darin sucht sie, sucht ein Versteck für die Liebenden „im hohen Rohre hinter dieser Welt“. Welch Trauer muss die Dichterin verspürt haben; ein sehr nachdenklicher Leseabend.

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