Auszeichnung Die Überraschung kam per Telefon

Krefeld · Die Autorin Liesel Willems wird am Sonntag, 16. September, für ihr Gesamtwerk mit dem Niederrheinischen Literaturpreis der Stadt Krefeld ausgezeichnet.

Liesel Willems hat über die Jahre hinweg bereits viele Preise und Auszeichnungen gewonnen.

Liesel Willems hat über die Jahre hinweg bereits viele Preise und Auszeichnungen gewonnen.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Als Liesel Willems vor einigen Wochen den Anruf bekommt, dass sie die Preisträgerin des Niederrheinischen Literaturpreises 2018 sein soll, ist die Freude groß.

Seit 1992 vergibt die Stadt Krefeld den Preis. In der langen Reihe der bisher 25 Ausgezeichneten ist Liesel Willems erst die dritte Frau, und der Schwerpunkt ihres Werk ist die Lyrik. Seit 40 Jahren schreibt die gebürtige Krefelderin und engagiert sich bis heute auf vielfältige Weise für die literarische Szene in ihrer Heimatstadt.

Schreiben als Flucht
aus dem stressigen Alltag

Zum Schreiben ist die zierliche blonde Frau aus einem inneren Bedürfnis heraus gekommen. Die studierte Sozialpädagogin hatte bereits eine große Familie, die viel Zeit und Kraft beanspruchte. „Ich hatte das Gefühl, im Alltag zu verschwinden“, beschreibt sie ihre damalige Situation. Der Besuch einer Lesung, die Klaus Düsselberg veranstaltete, bringt den entscheidenden Anstoß. Der Verleger und Inhaber einer Druckerei an der Dreikönigenstraße gründet gerade eine Schreibwerkstatt, zu der jeder willkommen ist.

„Ich habe mich gemeldet, weil ich schreiben wollte, hatte aber noch nichts vorzuweisen“, erzählt Willems. Ein kleiner Kreis traf sich von da an regelmäßig, jeder sollte einen selbst verfassten Text mitbringen. Sie wurde aufgenommen und schrieb von da an regelmäßig, oft nachmittags oder immer, wenn sich ein bisschen Zeit fand. Diese knapp bemessenen und für sie sehr kostbaren Inseln im Alltag boten sich für kurze, knappe Texte an. „Als punktuelles Festhalten“ beschreibt Willems ihre Vorgehensweise. Dabei entwickelte sie eine Form der Lyrik in einer klaren, meist reimlosen und offenen Form.

Der Schwerpunkt ihrer Themen liegt im Alltag, als dessen feinsinnige Beobachterin sie sich immer erweist. „Wenn man die Dinge, die einen umtreiben, in Worte fasst, werden sie für einen selbst lesbar.“ Schreiben ist für die Autorin vor allem eine wunderbare Möglichkeit zum Reflektieren. Neben ihrer Familie mit vier Töchtern und ihrer sozialpädagogischen Arbeit hat Willems auch noch die Energie selbst mehrere Schreibwerkstätten zu leiten.

1980 veröffentlicht sie ihren ersten Gedichtband „Fast verschluckt“. Ihr jüngster Lyrikband erscheint 2016 unter dem Titel „Den Vorhang öffnen“. Zwei Jahre zuvor wird sie mit dem NRW Lyrikpreis Postpoetry ausgezeichnet. Ihre ersten Preise bekommt Willems allerdings für Prosatexte. So erhält sie 1989 den ersten Preis beim Nettetaler Literaturwettbewerb.

Neben kurzer Erzählprosa für Erwachsene begann Willems, angeregt von ihren Töchtern, auch Kinderbücher zu schreiben. Gerade ist ein neuer Band erschienen. „Endlich“ enthält Gedichte und Kurzgeschichten, illustriert von Zeichnungen von Anne Kurth. Es ist die zweite Zusammenarbeit mit der Krefelder Künstlerin. Gemeinsam haben sie vergangenes Jahr das Buch „Anna ist stark“ veröffentlicht. Zu diesen dreiundzwanzig „Nachdenkgeschichten“ hat Anne Kurth jeweils eine Zeichnung gemacht.

Wie wichtig Bücher für Kinder sind, hat Liesel Willems bereits als Kind erfahren. Sie erinnert sich, dass es etwas Besonderes war, wenn sie an Samstagen Bücher ausleihen durfte: „Das war wie ein Schatz.“ Lesen ist für sie bis heute ein „Abtauchen in eine andere Realität“. Für ihre eigene Arbeit, die in ihrem Haus in Hüls am Schreibtisch oder im Sommer auch im Garten entsteht, sammelt sie ihre Eindrücke im alltäglichen Leben.

Auch auf Reisen, losgelöst vom Alltag, lässt sie sich inspirieren. „Andere Orte ermöglichen auch neue Blickwinkel“, betont sie. Liesel Willems fühlt sich in ihrer Heimatstadt wohl. Allerdings möchte sie die insgesamt neunjährige Abwesenheit, die Studienjahre und Aufenthalte in Köln, Aachen und Rom mit sich brachten, nicht missen.

Die Liebe zu Büchern versucht sie, ihren Enkeln weiterzugeben und liest ihnen gerne vor. Und genau wie bei ihren Töchtern hofft sie, dass diese durch Geschichten inspiriert fürs Leben stark werden.

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