Lieblingsbild: Ach, diese brutale Kraft

Brigitte Tietzel wählte eine Madonna und den „Holzfäller“.

Krefeld. Sie hat sich einfach nicht für ein einziges Werk entscheiden können, schließlich hat sie eine engere Wahl aus einer großen Fülle getroffen. Und dann sind es immer noch zwei Kunstwerke geworden, sehr unterschiedlich in ihrer Art, ihrer Entstehungszeit und so fort.

Professor Brigitte Tietzel, Leiterin des Deutschen Textilmuseums in Linn, sprach jetzt in der Reihe "Prominente Krefelder sprechen über ihr Lieblingskunstwerk der Kunstmuseen Krefeld" im Kaiser Wilhelm Museum über ihre Auswahl.

Museumspädagoge Thomas Janzen begrüßte die Gäste, für den die Veranstaltung tragenden Förderkreis der Kunstmuseen dankte am Ende dessen Vorsitzende Adriane Siempelkamp Brigitte Tietzel für ihre Ausführungen.

Eine Madonna mit Kind aus der Zeit der italienischen Renaissance und ein Bild des Schweizer Symbolisten Ferdinand Hodler stellte die Kunsthistorikerin vor.

Die Madonna, ein gerade restauriertes Halbrelief mit prachtvollem Rahmen, stammt von Antonio Rossellino (1427-1478), der in Florenz tätig war. Das Werk ist etwa um 1460 entstanden und zeigt die Madonna als selbstbewusste junge Frau in modischem Gewand. In der Renaissance trete das Individuum in den Vordergrund, erläuterte Tietzel.

Das Jesuskind wird von der Mutter nicht in den Armen gehalten, sondern sitzt auf ihrem linken Oberschenkel. Eine Hand stützt fürsorglich den Rücken des Kindes, das durch seine "Speckbeinchen" als Baby gekennzeichnet ist. Mutter und Kind verbindet ein trauriger Blick, von dem Bild geht eine kraftvolle Ruhe aus.

Ganz anders dagegen "Der Holzfäller" des Schweizer Malers Hodler (1853-1918), dessen dramatische Dynamik den Betrachter geradezu "anspringt". Weit holt der Mann zum Schlag aus, die Axt schwebt hoch über dem Kopf.

Der Baum, dem es ans Leben geht, trägt an seinem Fuß schon eine klaffende Wunde. Man ahnt, dass der nächste Schlag ihn endgültig fällen wird. Tietzel sieht hierin ein "Sinnbild der menschlichen Kraft", ein "starkes unbeirrtes Handeln", das den Erfolg sucht.

Gelassenheit und Schönheit der Madonna auf der einen Seite, die Kraft und Dynamik des Hodlerschen Holzfällers auf der anderen - die Kunst, so Tietzel, sei gekennzeichnet durch viele Facetten, entspreche so der Vielfältigkeit des Menschlichen.

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