Leitung des KWM über die Sparversion: "Wie ein Golf ohne Räder"

Das Leitungsteam spricht über die teure Sanierung und warnt vor der Spar-Version.

Krefeld. Die Zahl war ein Schock: Statt 11,7 Millionen Euro soll die Sanierung des Kaiser-Wilhelm-Museums (KWM) nun 14,5 Millionen Euro kosten. Die Pläne abzuspecken, fordert sogleich Oberbürgermeister Gregor Kathstede. KWM-Direktor Martin Hentschel und seine Stellvertreterin Sylvia Martin erklären, warum das aus ihrer Sicht nicht geht.

Frage: Frau Martin, Herr Hentschel, die Sanierung des Kaiser-Wilhelm-Museums (KWM) kostet statt 11,7 Millionen nun 14,5 Millionen Euro. Diese Steigerung von fast 25 Prozent würde jeden Häuslebauer zur Verzweiflung treiben. Wie fühlen sie sich denn momentan?

Hentschel: Wir sind natürlich betroffen, aber nicht wirklich überrascht. Die bisherigen Kostenschätzungen waren ja nur grob. Jetzt gibt es genauere Planungen, bestehend aus weit über 100 einzelnen Posten. Sobald die einzelnen Gewerke ausgeschrieben sind, werden sich die Zahlen nochmals verfeinern. Selbst während der Sanierung können noch Unwägbarkeiten auftauchen, die zu Verteuerungen führen. Das sind völlig normale Vorgänge bei jedem Bauvorhaben.

Hentschel: Das hat mit der Vorgeschichte zu tun. Zuerst standen uns sechs Millionen Euro aus der SWK-Ausschüttung zur Verfügung. Die Zahl war in aller Munde und hat sich in den Köpfen fest gefressen - obwohl sie nie realistisch war. Gleiches galt später für die 11,7 Millionen.

Hentschel: Ich habe das immer deutlich gesagt, das kann man auch nachlesen. Dennoch gab es dieses Kommunikationsproblem - vielleicht, weil sich sonst keiner getraut hat, die Wahrheit auszusprechen. Die Mahnungen gingen unter.

Hentschel: Zum Beispiel die Klimatechnik. Dieses Gebäude hat mehrere hundert Fenster, und jedes einzelne muss erneuert werden. Darüber hinaus gibt es eine Fußbodenheizung, die ein Grundklima schafft - sonst explodieren später die Energiekosten.

Martin: Eine Klimaanlage ist in Museen heute Standard, das ist nichts Extravagantes. Ohne Klimaanlage bekommt man keine hochwertigen Leihgaben von anderen Häusern. Große Ausstellungen im Bereich Klassische Moderne können wir im Moment gar nicht machen.

Hentschel: Darüber hinaus leiden auch die eigenen Werke massiv. Im Sommer 2007 mussten wir die komplette obere Etage schließen und die Kunst auslagern. Die Hitze hat sich so gestaut, dass Gefahr für die Werke bestand. Die Kunstwerke in unserer Sammlung erfahren gegenwärtig eine dauerhafte schleichende Schädigung.

Hentschel: Wir fahren nach wie vor Golfklasse, im jetzigen Zustand sogar ohne Räder und mit uraltem Motor. Das ist kein fahrbares Vehikel. Die Planung läuft darauf hinaus, ein tüchtiges Fahrzeug zu bekommen - und zwar ohne jegliche Luxus-Ausstattung.

Dennoch sieht die Planung gravierende ästhetische Verbesserungen vor.

Martin: Das ist genau das schlagende Argument für den Entwurf des Architekten Brenne. Er verbindet auf wunderbare Weise technische mit ästhetischen Lösungen. Durch die Verlegung des Treppenhauses wird der Bau geöffnet, gleichzeitig lösen sich viele Probleme im Bereich Brandschutz. Da werden versicherungstechnische Notwendigkeiten mit schönen baulichen Lösungen verbunden.

Martin: Man muss sich nur mal den jetzigen Zustand ansehen. Zurzeit verzichten wir auf einen Ausstellungsraum, um unsere Museumspädagogik unterzubringen - in einem Raum ohne Wasseranschluss.Dort gibt es nicht einmal rudimentäre Bedingungen für die Arbeit mit Kindern.

Hentschel: Die momentane Verbindung von Büros und Bibliothek widerspricht den Brandschutz-Normen. Dieser Zustand wird nur noch geduldet.

Was passiert, wenn die genannten Verbesserungen wegfallen?

Hentschel: Das mag ich mir gar nicht ausmalen. Dann wird sich unsere Ausstellungsfläche faktisch verkleinern, während die Museen rings herum erweitert werden.

Ist es überhaupt sinnvoll, dass Krefeld sich auf das Rennen mit den größeren Nachbarn einlässt?

Martin: Mit unserem Sammlungsbestand und der Trias der drei Häuser können wir schon mithalten, nicht mit K20 und K21 in Düsseldorf, aber sicher mit Duisburg, Leverkusen, Wuppertal und Mönchengladbach. Wir haben deutschlandweit einen gewissen Ruf, der über Jahrzehnte mühsam erworben wurde. Um den zu erhalten, muss aber dringend etwas passieren.

Hat der Ruf nicht zuletzt arg gelitten?

Hentschel: Die Monet-Diskussion und der Abzug der Lauffs-Sammlung haben unserem Image sehr geschadet. Umso wichtiger ist es, unseren immens guten Bestand an Kunstwerken künftig angemessen zu präsentieren.

Hätte der Abzug der Lauffs-Sammlung durch eine frühere Sanierung verhindert werden können?

Hentschel: Sagen wir mal so. Man hätte Lauffs dann keine Steilvorlage gegeben. Sie hätten Argumentationsprobleme gehabt. So stand die fehlende Sanierung in der Öffentlichkeit als Hauptgrund da.

Was bedeutet es, wenn die Sanierung als Spar-Version durchgezogen wird?

Hentschel: Die Frage lautet, welches Museum sich die Krefelder für die Zukunft wünschen. Wer nur Besitzstandswahrung betreibt, bewegt sich rückwärts. Wer zum Beispiel auf die Dach-Anhebung verzichtet, verbaut diesem Museum die Zukunftsperspektiven. Ein gut saniertes KWM hingegen wird der gesamten Innenstadt weiterhelfen, es stärkt den Wirtschaftsstandort und den Lebensraum Krefeld. Bei einer Spar-Version hätten wir ein Gebäude, das nur noch vor sich hin dämmert. Mal abgesehen davon, dass eine völlig neue Planung nötig wäre - mit deutlich sechsstelligen Kosten.

Da das Museum Ende des Jahres schließt, herrscht nun Zeitdruck. Was müsste aus Ihrer Sicht passieren?

Hentschel: Es müsste vor Jahresende eine definitive Entscheidung über den Baubeginn fallen. Von da an muss man ca. sechs Monate rechnen, bis es wirklich losgehen kann - entsprechend mehr, wenn neue Planungen nötig werden. Ich sehe im politischen Raum aber durchaus positive Signale für die Sanierung. Die zehn Millionen Euro sind nicht so zementiert, wie das in der Öffentlichkeit erscheint. Es geht hier um eine gravierende Entscheidung für die Krefelder Innenstadt. Man sollte dreimal überlegen, was die Folgen sind - für ganz Krefeld.

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