Auftritte Er bringt eine Stadt zum Klingen

Krefeld. · Kyung-il Han steckt als Macher der Livemusik-Reihe „Stadtklang“ hinter hunderten Gratis-Konzerten in Krefeld.

 Die Organisatoren Kyung-il Han (2.v.l.) und Kamiar Yeganeh (r.) mit den Musikern des Mar Saibert Trios Justus Großkreutz (l.) und Paddy Zimmermann (2.v.r.).

Die Organisatoren Kyung-il Han (2.v.l.) und Kamiar Yeganeh (r.) mit den Musikern des Mar Saibert Trios Justus Großkreutz (l.) und Paddy Zimmermann (2.v.r.).

Kyung-il Han ist der Gründer der Livemusik-Reihe „Stadtklang“, mit der er bereits über 550 Konzerte in der Region veranstaltet hat. Der ausgebildete Tontechniker und Musikproduzent war mit seinen Konzerten bereits zweimal in Krefeld und hat die Stadt zum Klingen gebracht – und ist bald wieder für kostenlose Konzerte zu Gast. Der Eintritt ist immer frei. Wir haben nachgefragt, wie „Stadtklang“ entstanden ist.

Herr Han, die Livemusik-Reihe „Stadtklang“ hat bereits zweimal in Krefeld stattgefunden, vorher nur in Düsseldorf. Können Sie uns erklären, was sich hinter dem Namen verbirgt?

Kyung-il Han: Der Name „Stadtklang“ ist mir tatsächlich im Traum zugefallen: Ich war in einer Bar, in der Livemusik gespielt wurde. Als ich, volltrunken von dieser Atmosphäre, herausgegangen und die Straße entlanggelaufen bin, merkte ich, dass in allen Läden Livemusik gespielt wurde. Irgendwie dachte ich, ich wäre in Dublin, weil das damals auch mein Vorbild in puncto Livemusik war. Noch im Traum dachte ich dann: Das ist doch ein toller Name! Dann bin ich aufgewacht und habe den Namen aufgeschrieben.

Seit wann gibt es die „Stadtklang“-Veranstaltungen, und wie ist die Idee dazu entstanden?

Han: Vor allem im Ausland sind mir immer wieder tolle Straßenmusiker aufgefallen. Und ich liebte die Straßenmusik. Ich war immer einer von denen, die stehengeblieben sind, zugehört haben und auch Geld gegeben haben. Ich fand es immer seltsam und schade, dass in Düsseldorf Straßenmusik so selten stattfand. Das wollte ich ändern. Die Ursprungsidee war also, eine Straßenmusikreihe ins Leben zu rufen. Von der Idee bin ich aber schnell wieder weg, gerade auch wegen des Wetters in Deutschland – das kann man eben nicht planen. Darum hatte ich dann die Idee, es in Cafés und Restaurants zu verlagern, da ich aus der Studentenzeit noch viele Kontakte zur Gastronomie hatte. Das erste Konzert war dann am 6. November 2011.

Livemusik für alle – wie werden die Konzerte finanziert?

Han: Der Eintritt zu den Konzerten ist immer frei. Mir persönlich ist das auch wahnsinnig wichtig, um wirklich jedem die Chance zu geben, tolle Livemusik zu erleben. Ich selbst bin ein Einwanderer- und Arbeiterkind und finde es sehr schade, dass Leute aus dieser Klasse nur sehr wenig auf Konzerten zu finden sind – ob aus finanziellen oder sozialen Gründen. Außerdem wollte ich denen die Hemmschwelle nehmen, die sonst immer nur Musik auf Partys hören, also nur die Top-Ten-Hits. Die Konzerte werden finanziert, indem die Locations selbst einen Betrag zahlen, mit dem die gröbsten Kosten erst einmal abgedeckt sind. Außerdem können die Gäste einen freiwilligen Betrag für die Künstler spenden. Als nicht-profitorientiertes Unternehmen sind wir allerdings sehr auf Spenden angewiesen. Derzeit suchen wir auch nach Spendern und Sponsoren, die diese Arbeit unterstützen möchten.

Treten eher Newcomer oder auch lange bekannte Künstler bei Ihnen auf? Warum?

Han: Uns geht es vor allem darum, dass neue Künstler entdeckt werden. Wir haben aber auch Künstler dabei, die schon seit Jahren als Musiker touren, aber auch ganz junge Bandprojekte.

Wie wählen Sie die Künstler aus, die bei „Stadtklang“ auftreten?

Han: Ich habe am Anfang oft den Fehler gemacht, dass ich die Künstler nach meinem persönlichen Geschmack ausgewählt habe. Irgendwann habe ich dann aber eingesehen, dass mein persönlicher Geschmack nicht unbedingt den Geschmack der gesamten Menschheit repräsentiert. Andere Menschen mögen eben auch andere Musik. Deswegen ist unser Repertoire mittlerweile sehr breit gefächert – von Rock bis Jazz, über Singer/Songwriter, Indiepop bis Soul – einzig Techno und Metal bieten wir (noch) nicht an. Ach so: und kein Schlager! Wir achten sehr darauf, dass die Musik zur jeweiligen Location, zum Stadtteil und den Leuten passt. Außerdem sollte die künstlerische und musikalische Qualität sehr gut sein. Viele der Künstler bleiben dann auch dabei und treten seit Jahren regelmäßig bei Stadtklang auf.

Warum, denken Sie, ist Ihre Konzertreihe so beliebt?

Han: Wir achten auch auf eine hohe künstlerische Qualität und große Bandbreite an unterschiedlichen Künstlern. Außerdem versuchen wir immer die Konzerte auf einem sehr professionellen Standard zu halten – in puncto Ton, Licht und die gesamte Atmosphäre. Denn das ist das, was die Leute abholt und wo sich auch die Künstler wohlfühlen. Wir versuchen vor allem auch mit den Künstlern gut umzugehen und ihnen so weit es geht entgegen zu kommen, damit sie sich auf das konzentrieren können, was sie am besten können: die Musik.

Wie hat sich „Stadtklang“ seit den Anfängen verändert?

Han: Wir sind in den Anfangszeiten mit sechs Konzerten im Monat gestartet. Mittlerweile sind es circa zwanzig – Tendenz steigend. Und auch die Künstler haben sich verändert. Wer ziemlich am Anfang schon dabei war, ist zum Beispiel Mrs. Greenbird. Zwischenzeitlich sind sie sehr bekannt geworden, haben bei X-Factor gewonnen und waren auch in den Alben-Charts ganz oben mit dabei. Stadtklang hat mittlerweile rund 4400 Künstlerbewerbungen. Davon haben wir derzeit etwa 700 in unseren festen Künstlerbestand aufgenommen.

Was verbinden Sie mit der Musik?

Han: Ich finde, Musik hat etwas mit Gedanken, Herz und vor allem mit der Seele zu tun. Sie spiegelt die Seele und das Herz des Musikers und löst ein Echo in der Seele des Zuhörers aus. Das verbindet. Im hektischen Alltag kommt das alles ein wenig zu kurz, da wir in der Regel sehr eingebunden sind. Da ist die Musik dann ein super Kanal, um dem Ganzen zu entkommen und Seele und Herz zu reaktivieren. Livemusik im speziellen ist für mich ebenfalls besonders, da es der Ort ist, wo Menschen von der Musik inspiriert locker werden, sich fallen lassen und sich so auch wieder näherkommen.

Wann kommt „Stadtklang“ wieder nach Krefeld?

Han: Wir waren jetzt schon zweimal in Krefeld und haben dort Konzerte gemacht. Die waren auch beide wirklich super! Wir haben gemerkt, dass das Krefelder Publikum ein sehr gutes Publikum ist. Sie hören gut zu, haben Respekt vor den Künstlern und nehmen die Konzerte einfach sehr gut auf. Das ist leider nicht in allen Städten so. Deswegen werden wir noch mehr Konzerte veranstalten.

Das nächste Konzert der Stadtklang-Reihe in Krefeld findet am Sonntag, 28. Juli, im Haus Kleinlosen, Zwingenbergstraße 116, statt. Zu hören ist die Singer/Songwriterin Nadine Fingerhut. An gleicher Stelle tritt am 23. August die Band „Und wieder Oktober“ auf, die Han als „Herbst für die Ohren“ bezeichnet. Der Eintritt ist jeweils frei.

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