Kunstverein: Farb- und Formenspielein Neon und Rosa

Anja Pletowski zeigt ihre Gemälde am Westwall. Ihr Leben hat sich radikal verändert — und damit auch ihre Kunst.

Kunstverein: Farb- und Formenspielein Neon und Rosa
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Dass Künstler ihren Stil verändern und neue Wege ausprobieren, ist ganz normal. Doch selten wird der Schnitt so radikal sichtbar wie bei Anja Pletowski. Unter dem Titel „Losgelöst“ zeigt sie ihre Arbeiten ab morgen im Krefelder Kunstverein.

Die düsteren, schweren Ölbilder, die ihr viele Einzelausstellungen im In- und Ausland eingebracht haben, hängen im ersten Stock. Körperteile, Knochen und Zähne sind darauf als Formen zu erahnen, die Farbe dringt nur behutsam durch dunkle Oberflächen. Besonders ausdrucksstark sind zwei Köpfe, die einander gegenüber hängen. Sie wirken wie eine konsequente Fortführung von Edvard Munchs „Schrei“, es sind Gesichter in Auflösung, sie zerfallen und driften auseinander.

Wer ins Erdgeschoss zurückkehrt, erlebt die neue Anja Pletowski. Die organischen Körperformen bleiben erkennbar, doch darunter sind die Strukturen geometrisch geworden. Statt dicker Ölfarbe wählt die Künstlerin einen sauberen Acrylstrich. Wie ein Schock wirkt ihre neue Farbpalette, die von Rosa, Violett und Neontönen dominiert ist. „Da kommt das Spielerische durch“, sagt sie. „Ich probiere Farben, die auch Kinder als erstes auswählen würden.“

Zwischen den dunklen Ölbildern und dem grellen Acryl liegen nur zwei, drei Jahre. Was ist passiert? Die 45-Jährige antwortet offen: „Ich habe die absolute Bekehrung zu Gott erfahren. Das mag merkwürdig klingen, aber ein Pfarrer hat mir die Hände auf den Kopf gelegt, und ich habe die Liebe unseres Herrn erfahren.“

Ihrer Kunst hat dieses Erweckungserlebnis leider nicht gut getan. Während die Bilder im Obergeschoss fesseln und berühren, bleibt unten kaum mehr als gefällige Deko übrig. Ihr Handwerk beherrscht sie weiterhin — Pletowski hat das Malen nach Grafikdesign-Studium und Karriere in einer Werbeagentur an der Dresdener Hochschule für Bildende Künste gelernt. Doch derzeit scheinen ihr nur seichte Farb- und Formenspiele zu gelingen. „Wenn es einem besser geht, malt man anders“, sagt sie.

Trotz ihrer Wandlung will die Künstlerin die alten Werke irgendwie festhalten. Die schreienden Gesichter sind als einzige Bilder der Schau unverkäuflich.

Westwall 124. Eröffnung morgen, 19 Uhr. Mi., Do., 16-19 Uhr, So., 11-13 Uhr. Bis 6. Juli.

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