Kunstmuseen in der Krise

Die Planung für 2011 stockt. Jetzt attackiert der Museumschef den eigenen Förderverein: „Eskapaden in puncto Selbstdarstellung“.

Krefeld. Martin Hentschel hat vermutlich lange nachgedacht, bevor er diesen Brief schrieb. Schließlich geht der Direktor der Krefelder Kunstmuseen mit dem dreiseitigen Papier auf Konfrontationskurs zum eigenen Förderverein. Zu jenem Zirkel also, der sein Museum unterstützt, die Ausstellungen mitfinanziert, Kataloge drucken lässt, Bilder für die Sammlung ankauft.

Hentschel fühlt sich vom Vereinsvorstand alleingelassen — ausgerechnet in einer Zeit, in der die Kunstmuseen in ihre schwerste Krise seit 20 Jahren rutschen. Die Stadt will den Ausstellungsetat um 40 Prozent kürzen. Deshalb hat Hentschel für 2011 in den Häusern Esters und Lange nur zwei Ausstellungen geplant, 2009 waren es noch acht. Ideen für weitere Projekte existieren lediglich in der Schublade: „Ich kann keine Ausstellungen ankündigen, die nicht gesichert sind“, sagt Hentschel auf Nachfrage.

An diesem Punkt könnten die Museumsfreunde finanziell einspringen — und haben es laut Hentschels Brief in der Vergangenheit auch getan. Doch unter der neuen Führung mit Anahita Teymourian-Pesch und Magdalena Broska sei die traditionelle Sitzung zu diesem Thema entfallen. Bis heute gebe es daher keine Planungssicherheit für die Kunstmuseen. Auch seien die „massiven Kürzungen“ seitens der Stadt „nicht einmal in die Tagesordnung der letzten Vorstandssitzung aufgenommen worden“ — obwohl die Kürzung eine „bedrohliche Tatsache“ sei.

Der Brief liegt der WZ seit gestern vor, worüber Hentschel alles andere als glücklich ist. „Ich will diese Diskussion nicht über die Zeitung führen“, sagt er. Bei einem lange geplanten Treffen am 12. Januar wird Hentschel direkt mit den Freunden sprechen. Dass es, wie vom Vorstand geplant, eine „gesellige Runde“ wird, dürfte unwahrscheinlich sein.

Denn in dem Brief spricht der Museumschef noch weitere Themen an, die auf ein einigermaßen zerrüttetes Verhältnis zwischen ihm und dem Vorstand hindeuten. Hentschel wirft der Führung „Eskapaden in puncto Selbstdarstellung“ vor, die „leider eine lange Tradition in Krefeld“ hätten: „Bei Paul Wember haben sie schließlich zur Auflösung des Museumsvereins und — wie bekannt — zur Gründung des Kunstvereins geführt“, so Hentschel.

Als Beispiele nennt Hentschel das Bestreben, ein Kuratorium zu gründen („überflüssig wie ein Kropf“), den Vorschlag, vor allem Arbeiten junger Künstler anzukaufen, und den Versuch, eine eigene Sammlung unabhängig von der Museumsleitung zu kreieren. Hentschel warnt die Mitglieder, sie würden in einen „luftleeren Raum“ verbannt, und wirft der Vereinsführung vor, sich „mit überflüssigen Diskussionen zu verzetteln“, wie es auch der alte Vorstand getan habe.

Von den so Kritisierten gab es gestern keine inhaltliche Stellungsnahme. „Der Vorstand der Freunde wird zu gegebener Zeit darauf reagieren“, erklärte die Vorsitzende Anahita Teymourian-Pesch auf WZ-Anfrage.

Wie schwierig die Zusammenarbeit derzeit ist, zeigt ein Beispiel, das Hentschel im Brief beschreibt. Im November habe er gegenüber dem Förderverein den Ankauf von vier Werken angeregt. Zwei Stunden später kam eine E-Mail vom Vorstand: Alle vier Vorschläge seien abgelehnt.

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