Kunst und Künstlichkeit im Widerstreit
Das Theater am Marienplatz zeigt im Februar „Atem“ und „MM 51“ von Mauricio Kagel — da wird auch mal vor Wut laut geschrien.
Ach, die Kunst. Manche Künstler stehen ja mit der Künstlichkeit der Kunst auf dem Kriegsfuß. Doch die Suche nach der Kunst jenseits der Künstlichkeit muss die Letztere dabei nicht unbedingt überwinden. An den Stücken „Atem“ und „MM51“ des aus Argentinien stammenden Komponisten Mauricio Kagel (1931-2008) kann man das sehr schön sehen. Das Fischelner Theater am Marienplatz (Tam) zeigt die Werke jetzt in seinem Februar-Programm.
Der Flötist Karsten Lehl ist der Akteur bei „Atem“. Er bedient eine Quer- und eine Piccoloflöte sowie eine Luftpumpe, die er wie eine Flöte einsetzt. Die Spielanweisungen hat er fächerartig vor sich auf dem Boden ausgebreitet. Und er ist nicht allein. Hinter dem Vorhang knistert es wie hinter einer zu hellhörigen Wand.
Der Kunstraum wird hier also schon akustisch gestört, Störung ist auch gewissermaßen das Thema vor dem Vorhang. Der Flötist gerät der Kunst selbst in die Quere. Das Spielmaterial — lange Töne, Triller, Glissandi — durchsetzt er mit Atemgeräuschen und Gesang. Wohlklang in dem Sinne, dass der reine Ton der Instrumente erklingt, will Lehl einfach nicht gelingen.