Interview „Es gibt noch viel zu morden“

Krefeld · Düsseldorfer Krimi-Autor Klaus Stickelbroeck liest bei den Krefelder Krimi-Tagen.

 Klaus Stickelbroeck ist selbst Polizist und nutzt viele seiner Erfahrungen für seine Romane.

Klaus Stickelbroeck ist selbst Polizist und nutzt viele seiner Erfahrungen für seine Romane.

Foto: Ja/Hans-Juergen Bauer (hjba)

Der Düsseldorfer Krimi-Autor Klaus Stickelbroeck ist am Donnerstag, 12. November, 20 Uhr, in Krefeld zu Gast und liest humorvolle Kriminalgeschichten. Privatdetektiv Hartmann ist wieder im Düsseldorfer Nachtleben auf Mörderjagd unterwegs.

Herr Stickelbroeck, was hat Sie für den neuen Hartmann-Roman zur Recherche inspiriert?

Klaus Stickelbroeck: Als alter Düsseldorfer hat Hartmann in den ersten Romanen in seinem vertrauten Wohnzimmer ermittelt. In seiner Heimatstadt kennt er sich aus, da kennt man ihn, da weiß er, was Sache ist. Ich lasse ihn jetzt in einer Szene ermitteln, die er sich neu erarbeiten muss. Ich fand es total spannend, ob und wie sich Hartmann auf unbekanntem Geläuf durch die turbulenten Situationen manövriert. Die BDSM-Szene (eine Sammelbezeichnung für Fesselspiele und dominante bzw. unterwürfige Sexualpraktiken, Anmerkung der Redaktion) kommt in sich geschlossen, leicht verrucht und verwegen daher.

Sie sind nicht nur als Krimiautor, sondern auch als Polizist in Düsseldorf tätig. Inwieweit sind reale Erfahrungen aus Ihrem Polizistenleben in den Roman „Fesseltrick“ eingeflossen?

Klaus Stickelbroeck: Das ist eine der spannenden Seiten meines Berufs, nämlich dass man als Polizist Menschen kennenlernt, die man sonst nicht kennenlernen würde und an Orte kommt, wo man vielleicht sonst so nicht unbedingt hinkäme. Über die Jahre kommt da einiges an einschlägigen Einsätzen zusammen. Ich sag immer, ich bin in jedem Club Düsseldorfs gewesen und hab hinter viele Kulissen gucken können. Herrlich. Und dann schaue ich genau hin, es kann ja immer was für den nächsten Krimi dabei sein. Davon profitiert gerade Fesseltrick enorm. Da ließ sich einiges einarbeiten, was die Szenen und handelnden Personen dann im Buch authentisch wirken lässt.

Im nun achten Band der Hartmann-Reihe sind die bekannten „schrägen Vögel“ rund um den Ermittler auch wieder mit von der Partie: Regenrinnen-Rita, Nachbar Jonny, die smarte Computerspezialistin Alina mit den blauen Haaren, Angie und Huren-Heinz. Mithilfe seiner Kumpels gelingt es Hartmann sicherlich auch dieses Mal wieder, Licht ins Dunkel zu bringen. Was ist das Geheimnis ihres Ermittlungserfolgs?

Klaus Stickelbroeck: Hartmann ist ein pfiffiger, schlagfertiger Privatdetektiv, der mit fast allen Wassern gewaschen ist, aber seine Fälle bekäme er alleine nicht gelöst. Glücklicherweise kann er sich auch dieses Mal auf sein Netzwerk verlassen, das beinahe wie ein gut sortierter Werkzeugkasten funktioniert. Einbrecherkumpel Angie hilft Hartmann Türen zu öffnen, wenn der keinen Schlüssel hat, die über zwei Meter große Regenrinnen-Rita behält die Übersicht, Alina drückt am PC die richtigen Tasten, der muskulöse Jonny guckt grimmig, wenn es grob wird. Es macht mir einen Heidenspaß Situationen zu entwerfen, in denen Hartmanns Clique zeigen kann, was sie drauf hat. Es entsteht ein turbulentes Geben und Nehmen, das mir total sympathisch ist. Erst genau diese verwegenen, schrägen Typen machen Hartmann erfolgreich. Ein bisschen bin ich ja auch Hartmanns Kumpel.

Ihre schräg-komischen Figuren-Ensembles scheinen Sie noch weiter ausgebaut zu haben. Wie haben sich die Charaktere der Hauptfiguren Hartmann & Co. im Vergleich zum Debütroman weiterentwickelt?

Klaus Stickelbroeck: Das ist der große Vorteil einer Krimi-Reihe. Neben der Hauptfigur bekommen auch alle anderen Figuren in den Romanen die Chance, sich zu entwickeln. So behaupte ich im Debüt einfach, dass die als Prostituierte arbeitende, schwach drogensüchtige Regenrinnen-Rita eine treue Freundin ist. Erst in einem späteren Roman zeigt Rita mit viel Platz im Krimi, warum sie eine so tolle, liebenswerte Person ist. Und der Leser denkt, alles klar, deshalb schätzt Hartmann sie so sehr. Genauso Jonny. Von Roman zu Roman merkt man nach und nach, dass der schweigsame, Taxi fahrende Medizinstudent aus Ghana gar nicht so harmlos ist, wie er immer wortkarg daher kommt. Herrlich undurchsichtig. Über die Romane hinweg blitzt und schimmert es düster unter der Oberfläche, fügt sich ein unheimliches Puzzlestück ans nächste. Ehrlich, ich liebe Jonny, aber ganz geheuer ist er mir nicht. Ich bekomme manchmal beim Schreiben eine Gänsehaut. Mit dieser Figur bin ich noch lange nicht fertig. Und Huren-Heinz? Hartmanns Lieblingszuhälter lernen wir in Fesseltrick von einer ganz speziellen Seite kennen. Da war ich selbst überrascht... Und — zuletzt noch erwähnt — macht es riesig Spaß zu beschreiben, wie die Anderen auf einen sich stetig weiterentwickelnden, professioneller werdenden Hartmann reagieren. Auch das muss in einer Krimi-Reihe stimmig sein.

Neben dem Zeichnen von Figuren sind Dialoge Ihre große Stärke. Bringt das der Umgang mit sich? Als Polizist haben Sie viel mit Menschen unterschiedlichster sozialer Schichten zu tun. Sammeln Sie vielleicht auch Sprachfetzen, die Sie auf der Straße aufgreifen, um sie dann in Ihre Krimis einzubauen?

Klaus Stickelbroeck: Oh ja, das ist fast ein Hobby für sich. Ich liebe schräge Dialoge, ich sammle sie. Tatsächlich auch im Dienst mit den unterschiedlichsten Menschen. Ich höre hin und denke manchmal, das ist was für Hartmann. In Fesseltrick ist die Fanta-Szene aus dem Restaurant Fuchsjagd so eine. Großmutter und Enkel am Nachbartisch. Großmutter möchte, dass ihr Enkel Apfelsaft bestellt, er will Fantaaaaa. Hartnäckig. Keinen Apfelsaft. Die Szene habe ich eins zu eins so erlebt. Das kann man sich nicht ausdenken. Fantaaaaa! Darüber hinaus kann man mit einem guten Dialog die Handlung zügig nach vorne treiben und herrlich Stimmungen rüberbringen. Jede Schicht hat ihre Sprache. Und tatsächlich drückt sich Huren-Heinz anders aus, als Hartmanns 80-jährige Nachbarin Heidi. Also meistens. Was für Dialoge gilt, gilt auch für einzelne Worte. Kippenigel. Oder: er hebelschnackte die Bierflasche auf. Ich liebe das. Da höre ich genau hin.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel – heißt es so schön im Fußball. Hand aufs Herz: Arbeiten Sie schon an einem Folgeroman? Und: Worin wird sich Hartmann dann verstricken?

Klaus Stickelbroeck: Oh ja, es wird sicher noch weitere Hartmann-Krimis geben. Ich möchte nichts verraten, aber es werden im Fesseltrick eine ganze Menge Stricke ausgelegt, mit denen man noch prima Knoten machen kann. Oder Schlingen. Tja, und der neue Krimi der Krimi-Cops soll im nächsten Jahr ja auch fertig werden. Es gibt noch viel zu morden. Äh, tun. Viel zu tun. Red

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