Kultur Kresch: Großartige Premiere zum Jubiläum

Das Stück „Nathans Kinder. Gebt endlich Frieden“ von Ulrich Hub knüpft an Lessings Drama „Nathan der Weise“ an.

Kultur: Kresch: Großartige Premiere zum Jubiläum
Foto: Lothar Strücken

Krefeld. Von dieser Inszenierung wird man immer die schwarz-weiß karierte Ebene in Erinnerung behalten: „Nathans Kinder“ im Kresch-Theater war die großartige Premiere zum Jubiläum. Das Stück „Nathans Kinder. Gebt endlich Frieden“ von Ulrich Hub knüpft an Lessings Drama „Nathan der Weise“ an. Hier sind es ein junger Kreuzritter und Recha (Laura Thomas), die Tochter des Juden Nathan, die auf ihre Weise versuchen, einer Lösung des Konflikts um die drei monotheistischen Religionen näher zu kommen. Die beiden jungen Leute lernen sich kennen, als Kreuzritter Kurt (Elias Ordelmans) durch Jerusalem irrt — der Sultan hatte ihn kurz zuvor begnadigt — und Recha aus ihrem brennenden Elternhaus rettet. Als der Vater Nathan kurz darauf von einer Reise nach Babylon zurückkehrt, haben Recha und Kurt sich schon ineinander verliebt.

Nette Idee: Vater Nathan bringt seiner jungen Tochter von der Reise auf dem Kamel ein iPad mit — man kann moderne Technik auch als witzigen Akzent einsetzen. Die Gefühle von Recha und Kurt missfallen dem Bischof außerordentlich: Christlicher Ritter und jüdisches Mädchen passen nicht in seine Aufteilung der Welt. Und auch nicht die Toleranz des Juden. Dem Bischof geht es wie dem Sultan um Macht, Geld und Einfluss.

Der Jude, der Sultan und der Bischof in Jerusalem verteidigen ihren Machtbereich und ihre Religion mit Zähnen und Klauen. Der Sultan (Faris Metehan Yüzbasioglu) trägt unschuldiges Weiß, Nathan (Thorsten Strunk) zeichnet sich durch elegantes Grau aus, und der Bischof (Angelo Enghausen-Micaela) kommt in Knallrot daher. Selbst sein Taschentuch und seine Schuhe sind rot. Sie haben, eines von vielen gelungenen Details, dicke rote Absätze wie Pferdefüße. Als sich herausstellt, dass Tochter Recha ein angenommenes Kind aus christlicher Familie sei, läuft er zu Hochform auf: Das Kind soll ins Kloster, und „Der Jude soll brennen.“

Die Idee gefällt auch dem Sultan, denn er hat hohe Schulden bei dem tüchtigen Kaufmann Nathan. Die quirlige, lebendige, kluge Recha aber lässt sich von alldem nicht ins Bockshorn jagen. Sie stellt die richtigen Fragen und läuft mit Kurt einfach fort, als die drei Männer sich am Ende wegen ihrer Religion tatsächlich prügeln. Sämtliche Unterhaltungen, Streitigkeiten, Annäherungen finden auf dem schwebenden Schachbrett mit 64 Feldern statt: Es funktioniert wie eine Waage, die manchmal ausbalanciert ist. Oder die Gewichte unterschiedlich verteilt. Dieses Brett ist deswegen so gelungen, weil es auf unterster Ebene einfach ein gefliester Fußboden ist, dann zu einer Balanceübung zwischen den Religionen wird und außerdem mit seiner Symbolkraft noch eine Fülle von Assoziationen ermöglicht.

Das Bühnenbild und die Kostüme sind von Frank Andermahr und Ingrid Krusat-Dahmen, die hier wieder einmal ihre guten Ideen und ihre Liebe zum Detail zeigen. Die Inszenierung übernahm Helmut Wenderoth: Er hat das Team großartig geführt. Nathan strahlt wirklich Weisheit aus, der Bischof ist herrlich bigott und unangenehm, der Sultan eine Mischung aus Unbarmherzigkeit und Sinnsuche. Kurt wandelt sich vom Soldaten des Kreuzes zu einem verständigen jungen Mann, und Recha verkörpert Unschuld und Lebensweisheit zugleich. Man darf vermuten, dass sich am Ende der Aufführung alle Männer in sie verliebt haben. „Nathans Kinder. Gebt endlich Frieden“ von Ulrich Hub ist ein kluges Stück, das hier eine sehr gute Umsetzung erfahren hat.

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