Krefelds neue Welt der Bücher

Der Umbau startet — er wird 100 000 Euro kosten. Ab Januar ist das Haus offen.

Krefeld. Auf einer Ablage gleich hinter der Eingangstür liegen fünf Exemplare des gleichen Buches. Es sind die gesammelten Dramen von Otto Brües, veröffentlicht unter dem Titel „Sturm und Stille“. Stille jedenfalls herrschte lang genug im Haus des 1967 verstorbenen Schriftstellers.

Das soll sich nun ändern: Am 1. Januar wird das Brües-Haus zum Niederrheinischen Literaturhaus der Stadt Krefeld. Anette Puhl vom Kulturbüro bezieht dort ein Büro, zuvor wird acht Wochen lang renoviert und umgestaltet.

Vor rund zwei Jahren fiel das Gebäude an die Stadt, als Schenkung von Otto Brües’ Tochter Eva. Mit ihrem Tod hinterließ die ehemalige Chefin des Museums Schloss Rheydt der Stadt zwei weitere Häuser und ein sechsstelliges Barvermögen. An das großzügige Erbe knüpfte Eva Brües eine Bedingung: Die Stadt sollte an der Gutenbergstraße ein Institut einrichten, das dem Gedenken an Otto Brües und der Pflege der Literatur im Rheinland gewidmet ist.

Fast zwei Jahre verstrichen, in denen der Verkauf der Häuser über die Bühne ging und eine Kooperation mit der Düsseldorfer Heine-Uni scheiterte. Beim Brües-Freundeskreis machte sich bereits Unruhe breit.

Nun scheint das Wagnis, in einer klammen Kommune ein neues Kulturinstitut einzurichten, doch noch zu gelingen. Mit 100 000 Euro aus dem Vermögen von Eva Brües entstehen im Erdgeschoss ein Besprechungszimmer und ein Veranstaltungsraum für 30 Personen. Das Parkett wird aufpoliert, eine Besuchertoilette installiert, die Wände werden gestrichen. Das Haus bekommt neue Wasser- und Stromleitungen sowie eine bessere Dämmung. „All das kostet keinen Cent städtisches Geld“, betont Anette Puhl.

Der altmodische Charme soll dabei erhalten bleiben — allerdings ohne den jetzigen Anflug von Mief und Pief. Teile der Mobiliars gehen ins Museum Burg Linn, die mitunter wertvollen Gemälde und Zeichnungen in die Sammlung der Kunstmuseen. „Dort werden sie richtig behandelt und vernünftig präsentiert“, sagt Puhl.

Ihr neues Büro wird sie am Jahresanfang beziehen, Veranstaltungen soll es frühestens in der zweiten Jahreshälfte geben. Vorher will Puhl Kontakte knüpfen, Kooperationen anstoßen, Fördergelder anzapfen. Besonders letzteres wird wichtig sein, denn die Zinsen aus dem Brües-Erbe werden nicht üppig fließen, zumal sie auch den Unterhalt des Hauses finanzieren: „Wir müssen alle Register ziehen und auf glückliche Umstände hoffen“, sagt Puhl.

Dabei kommt ihr die langjährige Erfahrung im Literaturbetrieb zugute. Besonders für Kinder und Jugendliche will sie etwas aufbauen, eine Anlaufstelle bieten für Literaten und Literaturfreunde aus der Region. „So ein Ort kann zum Sammelbecken werden“, hofft Kulturbüro-Chef Jürgen Sauerland-Freer. „Und mit Anette Puhl hat das Haus ein Gesicht.“ Nach der Stille kann nun der Sturm beginnen.

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