Historisches Ein Farbkoffer aus der Vergangenheit

Krefeld · Im Textilmuseum ist eine eher unscheinbare Holzbox aus den 1880er Jahren ausgestellt. Damals wurde pflanzliches Indigo als Färbemittel gehandelt.

 Der Indigo-Musterkasten eines Händlers aus Berlin mit 40 Proben aus Indien, Java und Guatemala. Indigo ist eines der ältesten Pigmente zum Einfärben von Textilien. Der Kasten ist zurzeit in der Ausstellung „Zeitkolorit – Mode und Chemie im Farbenrausch“ zu sehen.

Der Indigo-Musterkasten eines Händlers aus Berlin mit 40 Proben aus Indien, Java und Guatemala. Indigo ist eines der ältesten Pigmente zum Einfärben von Textilien. Der Kasten ist zurzeit in der Ausstellung „Zeitkolorit – Mode und Chemie im Farbenrausch“ zu sehen.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

In Berlin lebten um 1880 bereits über eine Million Menschen, und die Stadt an der Spree wuchs in der Regierungszeit von Kaiser Wilhelm I. weiter. An der Köpenicker Straße 71 im Bezirk Mitte firmierte damals das Unternehmen „Salomon Schönlank, Söhne, Importeure von Indigo und Chochenille“. Gustav (1817-1878) und Wilhelm Schönlank (1814-1897) gründeten 1847 die Firma. Sie handelten mit pflanzlichem Indigo. Mit dem begehrten Gut wurde seit der Antike Stoffe blau gefärbt. Ein Musterkasten der Firma Schönlank mit 40 Indigo-Proben aus Indien, Java und Guatemala ist nun in der Ausstellung „Zeitkolorit“ im Deutschen Textilmuseum Krefeld zu sehen.

Die eher unscheinbare Holzbox stammt aus den 1880er Jahren, der letzten Blütephase des Handels mit pflanzlichem Indigo. Denn mit der Produktion von synthetischem Indigo ab 1897 brachen im Deutschen Reich nicht nur die Preise ein, der Import von pflanzlichem Indigo sank um 1900 auf nur noch vier Prozent. Die deutschen Exporte von synthetischem Indigo stiegen dagegen an.

Der Farbstoff Indigo wurde bereits in Ägypten während des zweiten Jahrtausends vor Christus zur Färbung von Textilien verwendet. Die Basis des Farbstoffes wird aus der tropischen Pflanze „Indigofera tinctoria L.“ gewonnen, die zuerst in Indien und Ostasien vorkam und später auch in amerikanischen Staaten angebaut wurde. Die aufwändige Gewinnung des Indigos sorgte für einen hohen Preis und somit für lukrative Gewinnmargen, von denen über viele Jahrzehnte unter anderem die Briten mit Exporten aus ihrer Kolonie Indien profitierten. Dort wurden Bauern per Pachtvertrag in der Mitte des 19. Jahrhunderts dazu gezwungen, eine bestimmte Anbaufläche für Indigo vorzuhalten. Überteuertes Saatgut, Verkaufspreise unter dem Marktwert und verschärfte Handelsschwierigkeiten eskalierten 1859-1862 in den sogenannten Indigo-Unruhen. Die Anbaupflicht wurde erst 1918 gänzlich in Indien abgeschafft, als sich der synthetische Indigo längst auf den Weltmärkten durchgesetzt hatte.

Das Exponat gehört zum Vorkriegsbestand des Hauses

„Direkte Indigo-Importe“ steht auf einem am Boxdeckel befestigten Schild des Musterkastens. Auf den beiden Zetteln im Deckel ist vermerkt, wo das Indigo-Blau in Indien, Asien und Südamerika hergestellt wurde. „Es ist genau aufgeschlüsselt, was sich im Koffer befindet“, sagt Annette Schieck, Leiterin des Deutschen Textilmuseums Krefeld. Das Exponat gehört zum Vorkriegsbestand des Hauses.

Spezialisierte Farbenhändler, wie die 1847 in Berlin gegründete Indigo- und Produktenhandlung Schönlank, führten verschiedene Qualitäten, die sich im Preis unterschieden. In der Anordnung im Musterkasten spiegelt sich die Qualität und der Preis wider, von „1“ – sehr gut und teuer – bis zur Position Nummer 40.

Welche Kontakte das Berliner Unternehmen in die Produktionsländer unterhielt, ist leider nicht bekannt. Wilhelm Schönlank wurde 1888 zwar zum Generalkonsul der Republik Salvador ernannt. Ob das jedoch in einem direkten Zusammenhang mit den Handelsgeschäften stand – auch diese Frage ist offen. Allerdings war bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts das wichtigste landwirtschaftliche Exportgut des mittelamerikanischen Landes der Farbstoff Indigo. Red

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