Krefelder Kunst-Professor stellt seine Werke in Paris aus

Jochen Stücke lässt in dem Zyklus „Moyländer Episoden“ Voltaire, Friedrich den Großen und Joseph Beuys aufeinanderprallen.

Krefelder Kunst-Professor stellt seine Werke in Paris aus
Foto: VG-Bild-Kunst

Dramatisch türmen sich die Wolken über einer Kutsche, die am unteren Bildrand ganz klein zu sehen ist. „Voltaire auf der Reise zu Friedrich dem Großen“ heißt die Zeichnung von Jochen Stücke, die das Vorspiel zu einem besonderen historischen Ereignis effektvoll in Szene setzt.

Krefelder Kunst-Professor stellt seine Werke in Paris aus
Foto: VG-Bild-Kunst

Im September 1740 reiste der französische Philosoph an den Niederrhein, um den jungen preußischen König zum ersten Mal persönlich zu treffen. Ursprünglich wollte Friedrich für das Treffen nach Brüssel reisen. Da er plötzlich Fieber bekam, erwartete er Voltaire auf Schloss Moyland, das damit zufällig zum Schauplatz dieser besonderen Begegnung wurde. Aus diesem Treffen entstand eine jahrzehntelange Verbindung, die von vielen Höhen und Tiefen gekennzeichnet war und das 18. Jahrhundert nachhaltig prägte.

Dieses Ereignis inspirierte Jochen Stücke zu seinem Zyklus „Moyländer Episoden. Friedrich-Voltaire-Beuys“. Ein Teil dieser Arbeiten ist jetzt ebenfalls auf Reisen gegangen. Nach viel beachteten Ausstellungen im Museum Schloss Moyland (2016) und in Krefeld, wo es eine Doppelpräsentation im Kunstverein und Niederrheinischem Literaturhaus gab, ist jetzt Paris eine weitere Station. Seit gestern werden rund vierzig Bilder in der Galerie Prodromus in Paris im 11. Arrondissement für zwei Monate zu sehen sein. Die Galerie, die von der deutschen Kunsthistorikerin Anna Hartmann und dem französischen Architekten Claude Forget geleitet wird, zeigt seit 2009 regelmäßig die Arbeiten Stückes.

Der aus Münster stammende Künstler, der an der Hochschule Niederrhein eine Professur für Zeichnen, Illustration und Druckgrafik ausübt, hat seit vielen Jahren eine besondere Beziehung zur französischen Hauptstadt. Ihre Geschichte, Kunst und Literatur hat er auf vielfältige Wiese in seinen „Pariser Alben“ auf brillante Weise lebendig werden lassen.

Die „Moyländer Episoden“ bilden den dritten Band dieser Reihe und die engen Verflechtungen mit Paris werden nicht nur über die Person Voltaires deutlich. Moyland wird in Stückes Werk zu einem eigenen Kosmos, in dem weit über das historische Treffen hinaus, viele Bezüge sichtbar werden.

Mit Joseph Beuys, der heute durch das Museum Schloss Moyland untrennbar mit diesem Ort verbunden ist, bringt der Künstler einen dritten Protagonisten ins Spiel. Aus diesem fantasierten Treffen ergeben sich weitere spannende Impulse. Stücke lässt die Persönlichkeiten aufeinanderprallen, indem er ihnen mit seinen Bildern eine fantastische Bühne gibt, ihre politischen Ansichten, Kunstauffassungen und menschlichen Schwächen zu präsentieren. Friedrichs eiskalte Machtpolitik steht dabei ebenso im Fokus wie Voltaires Eitelkeiten oder Beuys Visionen einer besseren Welt.

Dem Künstler geht es dabei nicht um abschließende Urteile, sondern um ein Aufzeigen und Hinterfragen von scheinbar gesicherten Überlieferungen. Die Zeichnung, die für die Einladungskarte der Pariser Ausstellung ausgewählt wurde, hat den Titel „Dioptrie der Geschichtsbetrachtungen“. Zu sehen sind verschiedene Brillen und die winzigen Figuren der drei Protagonisten und eines Betrachters (siehe linkes Bild oben).

Stücke hat es im Katalogbuch so formuliert: „Je größer die Entfernung des Betrachteten ist, umso enger rücken die Dinge doch letztendlich zusammen. Was sind da schon zweihundert Jahre, die Joseph Beuys von Friedrich dem Großen trennen?“

Während die „Moyländer Episoden“ in Paris ein temporäres Gastspiel geben, befinden sich mehrere Arbeiten Stückes dauerhaft in der französischen Hauptstadt. Das Musée Carnevalet hat seit 2012 fünfzig Zeichnungen in seine Sammlung aufgenommen, darunter mehrere Blätter über Napoleon. Ganz aktuell hat das neben dem Invalidendom befindliche Musée de l’Armée Invalides ebenfalls eine Zeichnung des deutschen Künstlers in seine Sammlung integriert. Sie heißt „Invalidendom“ und zeigt das von Touristenströmen überrannte Grabmal Napoleons, das sich an diesem Ort befindet.

Ausstellungsort: Galerie Prodromus, 46, Rue Saint-Sébastien, 75011 Paris. Die Ausstellung wurde gestern Abend in Anwesenheit des Künstlers eröffnet und ist bis zum 17. Mai zu sehen. Weitere Informationen gibt es im Internet unter

www.prodromus-galerie.com

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