Kultur Wie die Krefelder Chöre Corona trotzen

Krefeld · Ob nun Gospel-, Konzert- oder auch Kammerchor: Die Corona-Regeln haben für alle Chöre existenzielle Konsequenzen. In Krefeld sucht man nach Lösungen.

 Große Chorkonzerte wie bei „Gospel goes Classic“ sind derzeit nicht denkbar.

Große Chorkonzerte wie bei „Gospel goes Classic“ sind derzeit nicht denkbar.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Die wegen Corona eingeführten und angepassten Regeln für gemeinsames Musizieren, Veranstaltungen und im Speziellen auch für das gemeinsame Singen kommen nicht aus einem luftleeren Raum. Um im Bild zu bleiben, sie sind deshalb gemacht, damit die Luft möglichst derart beschaffen bleibt, dass sich weder die Sänger noch das Publikum anstecken. Die Regeln, die aber für Chöre vermutbar existenzielle Konsequenzen haben, betreffen auch die so unterschiedlichen Akteure der hiesigen Szene. Ob nun Gospel-, Konzert- oder auch Kammerchor. Sie stellen die Geminschaften vor große Probleme. Manche können gar nicht proben, andere gehen kreative Wege. Alle eint die Sorge, dass der soziale Zusammenhalt leiden könnte.

Die Verordnungen schreiben mehrere Meter Abstand vor

Liest man sich die Anlage „Hygiene- und Infektionsschutzstandards“ zur Coronaschutzverordnung des Landes durch, so findet man im Abschnitt zu Musik und Gesang die für Chöre fatale Zahl von vier Metern in „Ausstoßrichtung“. Jener Abstand sei beim Singen sicherzustellen, wie auch ein Abstand von drei Metern zwischen Personen und eine Raumgröße von mindestens sieben Quadratmetern pro Person. So der Stand vom 15. Juli.

Auflagen, die die Arbeit von Chören, seien sie nun professionell oder nicht, derart erschweren, dass weder Konzerte noch Proben unter realistischen Bedingungen denkbar scheinen. Es müssen schon sehr große Räume sein, in denen ein „normaler“ Chor proben könnte. Und bedenkt man den Sicherheitsabstand zwischen Publikum und Chor zusätzlich zu den Abständen auf der Bühne, so wären selbst in großen Kirchen oder Sälen wie dem Seidenweberhaus nur sehr eingeschränkt Konzerte denkbar.

Sind inzwischen die Regeln für Konzerte oder Theater durchaus gelockert – mit bis zu 300 Personen Zuschauerkapazität bei festen Sitzplätzen und Rückverfolgbarkeit entfällt sogar der Mindestabstand von 1,5 Metern für das Publikum. Doch beim Singen vermuten Experten mehr Gefahr, ähnlich übrigens wie bei Blasinstrumenten. Deshalb gelten da andere Regeln als beim zuhörenden Publikum.

Bei Chören aus Krefeld zeichnet sich ein durchaus differenziertes Bild. Viele versuchen, angesichts der Regeln das Beste zu machen, haben Pläne oder Proben so gut es geht unter den schwierigen Bedingungen in kleineren Gruppen oder gar unter freiem Himmel organisiert.

Größere Gemeinschaften – etwa angebunden an den Theaterbetrieb des Gemeinschaftstheaters – wie der Krefelder Singverein (Niederrheinischer Konzertchor) planen mit einem Probenbetrieb, wahrscheinlich zunächst auch in kleineren Gruppen, im September. Wie das Theater auch ist man hier zurzeit in Theaterferien.

Vom Schönhausen-Chor beispielsweise hört man trotz der Bedingungen optimistische Töne. Man probe wieder in großzügigen Räumlichkeiten im Mies van der Rohe Business Park (Shedhalle) und habe zudem das Angebot, im Café zu proben. „Langsam haben wir wieder angefangen“, sagt die Vorsitzende Gabriele Schulten und betont, dass man alle Regeln für Abstand und Hygiene natürlich einhalte. Zu den Proben kämen indes nicht alle Sänger. Normalerweise probt der Chor im Sommer nicht, doch man möchte sich auf Konzerte, die verschoben werden mussten, vorbereiten. Diese würden mit verminderter Publikumszahl stattfinden können.

Digitale Proben scheitern am Zeitversatz bei der Übertragung

Beim Gospel-Chor „Family of Hope“, der jüngst noch ein großes gemeinsames Projekt mit den Niederrheinischen Sinfonikern („Gospel goes Classic“) verwirklichen konnte, sagt Heike Timme: „An so große Konzerte ist derzeit nicht zu denken.“ Man habe versucht, Proben digital über die Plattform Zoom zu gestalten, doch der Zeitversatz mache dies fast unmöglich. Derzeit versucht der Chor durch Proben unter freiem Himmel Abhilfe zu schaffen. An Konzerte sei derzeit nicht zu denken, erklärt Timme. Dies liege auch daran, dass die für die Konzerte des Chores nötige technische Ausrüstung zu viel koste und man auch in Krefeld keine günstigen Veranstaltungsorte finde.

Die Silk-O-Phonics wiederum sind ein kleineres Ensemble von 17 Sängern. Dort wird in Kleingruppen im privaten Rahmen geprobt, erläutert uns Andreas Zimmermann vom Chor. Unter Sicherheitsvorkehrungen wolle man das Chorleben so am Leben erhalten. Für den Chor wären Konzerte mit reduzierter Zuschauerzahl in Ordnung. Man plane mit einem Weihnachtskonzert und könnte sich ein größeres Konzert im Frühjahr 2021 vorstellen, wenn es die Lage zulasse. „Gruppen zerfallen unter Corona-Bedingungen schneller“, sagt Zimmermann.

Das Vocal-Ensemble D’accord, mit dessen musikalischem Leiter Thomas Baerens, betont, dass die Lage schwierig sei. „Singen in geschlossenen Räumen ist für uns nicht möglich“, erklärt er. Doch könne zumindest im Garten durch Stimmproben die Chorarbeit eingeschränkt laufen. Die Situation nach den Sommerferien sei indes unklar. Man denke darüber nach zu versuchen, in halbierter Besetzung zu singen. Sozusagen geteilt in zwei Gruppen zu proben. Doch habe alles auch eine soziale Komponente. Indes bemüht sich der Chor, eine räumliche Ausweichmöglichkeit zu finden. Konzerte können sie nicht planen.

Es gibt in Krefeld zahlreiche weitere Chöre, wie den Crescendo-Chor oder den Chor Cantate sowie Männergesangsvereine, mit denen allen wir hier im einzelnen nicht sprechen konnten. Doch die Lage bei allen Chören dürfte sich nur marginal von den anderen unterscheiden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort