Fantasy-Literaturreihe Talentierte Fantasy-Autorin überzeugt bei Lesung

Krefeld · In der Fantasy-Literaturreihe auf Burg Linn las Julia Kulewatz aus ihren Erstlingswerken – und stellte sich den Fragen der Zuhörer

 Die Fantasylesungen finden auf der Burg Linn statt.

Die Fantasylesungen finden auf der Burg Linn statt.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Der Krefelder Schriftsteller Bernhard Hennen kündigte im oberen Rittersaal der Burg Linn eine ganz besondere Lesung aus Kurzgeschichten und Novellen an – und sollte damit recht behalten. Gast der Fantasy-Literaturreihe „Verwunschene Nacht“ war Julia Kulewatz, Literaturdozentin an der Universität Erfurt.

Eine bemerkenswerte junge Frau, die mit sanfter, weicher Stimme sowie lebendiger, bildgewaltiger Sprache die Figuren ihrer kreativen Geschichten zum Leben erweckt. So bot sie ihren Zuhörern kurzweilige Unterhaltung. Das lag nicht nur an ihrer facettenreichen Wortwahl, sondern auch daran, dass sie sich im Anschluss ihrer Lesung den Fragen der Besucher stellte und viel von ihrer Gedankenwelt und Persönlichkeit preisgab.

Betagte Damen, die mit Süßigkeiten um sich werfen

Kulewatz berichtete, dass sie seit ihrem zwölften Lebensjahr Geschichten schreibt und ihre Träume notiert, um sie später schriftstellerisch zu verarbeiten. „Ich brauche Bäume, viel frische Luft und einen Stift, schlafe schon mal im Wald und ziehe mich zum Schreiben gerne zurück“, verriet sie. Allerdings sei sie keine Traumtänzerin. Vielmehr gehe sie dramaturgisch und sehr technisch vor und baue dann ihre Bilder ein. Beeinflusst hätten sie ein Stipendiat für ihre Ausbildung im südkoreanischen Seoul und die Inspiration durch eine Gruppe skurriler betagter Damen, die mitunter orakeln, mit Süßigkeiten um sich werfen oder auch unliebsame Touristen verscheuchen.

Die Zuhörer im Rittersaal durften nach einem kurzen Überblick aus den Kurzgeschichten ihres Debütbuches wählen, womit sie beginnen sollte. Deren Wahl fiel auf die Geschichte „Fifty Shoes of Grey“, die sie als Persiflage auf die erotische Romantrilogie „Fifty Shades of Grey“ angekündigte.

Das Original habe sie bis heute nicht einmal gelesen, verkündete Kulewatz überraschend. Mit ihrer Reaktion wollte sie vor allem Kommilitonen eins auswischen. Die wollten ihr nach einem ungewollten Ausflug zur Kommentierung erotischer Aquarelle einer spanischen Malerin lästernd ein bestimmtes Etikett zuschreiben.

Die lesenswerte Story ist hintergründig, hat mit ungewöhnlichen Sexpraktiken nicht das Geringste zu tun, wirft aber ein Bild auf das Verhalten der Bürger einer Kleinstadt. Dort eröffnet „Madame Grey“, die eigenwillige Francoise, ein Schuhgeschäft mit 50 Paar grauen Schuhen unterschiedlicher Art, von High Heels über Stiefeletten bis zu Sneakers, die sie verkauft oder auch verschenkt. Jeder Schuh ist ein Unikat und offenbart verborgene Seiten des Trägers. „Greys gibt es überall, und jede Stadt darf sich vor ihnen fürchten.“

Die vielseitige Autorin hat diese Geschichte auch als Theaterstück umgesetzt, die Schauspieler selbst gecastet und erstmals Regie geführt. Auch weitere Kurzgeschichten las sie aus ihrem Erstlingswerk, an dem sie zehn Jahre lang geschrieben hat, darunter oft augenzwinkernd allerlei Einfühlsames, Tragisches, Erotisches, Groteskes und Traumhaftes. Sie schreibt über Sehnsucht, Liebe und Hoffnung, Verlust, Freude und Schmerz, macht aber auch vor Käfern in Badewannen nicht halt.

Kostproben bekam das Publikum außerdem bei Auszügen aus ihrem zweiten Buch. Aus „Jenseits BlassBlau“ las Kulewatz, aus „Blattwerk“ und in Anlehnung an die Artussage aus „Presine“, der Geschichte einer Nixe. Das Spektrum ihrer Storys reicht von Liebe, Hass und Familienbanden bis zu mythischen Geschichten über Drachen.

Geplant hat Kulewatz aktuell einen Band mit Kurzgeschichten. „Dieses Genre wird leider unterschätzt. Man kann eine Kurzgeschichte jederzeit erneut lesen und wird sie – je nachdem, wo man im Leben gerade steht – immer wieder neu empfinden.“ Danach will sie sich an ihren ersten Roman wagen. Bei einer Kurzgeschichte könne man mal mogeln, bei einem Roman müsse man sich an feste Erzählstränge halten. Ihre kreative Seele ist noch lange nicht ausgeschöpft.

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