Museum Das trug der Mann 1900 bis 1914

Mitte. · In der aktuellen Ausstellung des Kaiser-Wilhelm-Museums sind nicht nur Frauenkleider zu sehen. Spannend sind vor allem die Wechselwirkungen: Was die Frau trug, musste zum Outfit des Mannes passen.

 Männermode zwischen 1900 und 1914 konnte gelegentlich auch sehr farbenfroh sein.

Männermode zwischen 1900 und 1914 konnte gelegentlich auch sehr farbenfroh sein.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Im Kaiser-Wilhelm-Museum findet derzeit eine Ausstellung zur Frauenmode um 1900 statt. Männer, darunter viele Architekten, waren die Köpfe hinter dieser Bewegung. Durch ihre Ideen wurden die Frauenkleider zunehmend an die Gesamtheit angepasst. Vor allem bei bildlichen Darstellungen passte man sie farblich an die Elemente des Alltags an, von der Tapete bis zu den Möbeln oder auch dem Essen war alles im Einklang.

Im Gegensatz dazu sticht der Mann mit seinem schlichten Auftreten im dunklen Anzug aus diesem Bild heraus. Seine Ausstrahlung war stets männlich und dominant. Schon Friedrich Nietzsche sagte, dass der Mann stets der Schöpfer, das geistige Wesen bleibt. Der schlichte Anzug war vor allem für öffentliche Auftritte bestimmt. Mit dem neutralen Herrenanzug in eintönigen und neutralen Farben blieb der Mann bei der Erschaffung der neuen Lebensform außen vor. Im privaten Bereich sah dies anders aus.

Ein Beispiel ist Karl Wilhelm Diefenbach. In Wien begründete er die erste Künstlerkommune. In der Ausstellung des Museums sind er und seine Mitstreiter in prophetisch anmutender Kleidung zu sehen — alle tragen Roben wie ein Priester. Sie wollten damit ihre Vorstellungen unterstreichen. Wie viele Männer seiner Zeit richtete man sich in der Art der Kleidung nach einem Vorbild aus vergangener Zeit — ob im Malerkittel oder in mittelalterlicher Tracht. Auch die Kleidung der Frauen wurde oft dementsprechend angepasst.

Mehr Mut zu Farben
war gewünscht

Giacomo Balla entwickelte um 1900 ein Manifest zu antineutraler Kleidung. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg standen er und seine Zeitgenossen mit ihren neuartigen Vorstellungen im deutlichen Gegensatz zu den immer gleichen und tristen Kriegsuniformen. In seinen Entwürfen bleibt die Form des Herrenanzuges zwar bestehen, doch setzt er Farbkombinationen ein.

Mit linearen und wellenförmigen Mustern bringt er unterschiedliche und doch stimmige Farbtöne in einem Kleidungsstück zusammen. Auch mit Krawatten und Revieransteckern. Der Mann als Träger der gesellschaftlichen Verhältnisse sollte nach der Idee Ballas zum Träger der neuen Modeentwicklung werden.

Aber auch Frauen beteiligten sich. Sonia Delaunay kreierte Kleidung in Patchworkoptik. Sie nutze den Körper als Leinwand und wagte damit einen provokativen Auftritt gegen verkrustete Strukturen. Mit dem Entstehen der Health and Artistic Dress Union (1890) wurden konventionelle Vorstellungen der Modeszene durchbrochen.

Trotz allem bleibt der klassische Anzug bis heute ein Musterbeispiel für Beständigkeit. „Auf Freiheit zugeschnitten. Das Künstlerkleid um 1900 in Mode, Kunst und Gesellschaft“ – unter diesem Titel zeigen die Kunstmuseen eine Ausstellung, die insbesondere die Frauenmode der Reformzeit darstellt.  Die Kuratorinnen Magdalena Holzhey und Ina Ewers-Schultz haben den Blick auf Kunst, Mode, Fotografie und Tanz gelegt — denn gerade im 19. Jahrhundert begann man Leben und Kunst in Einklang zu bringen.

Damals sollte die Mode die Bequemlichkeit und Gesundheit unterstützen — ab 1900 kamen ästhetische Ansprüche hinzu.

Die Kleidung sollte den Drang zur freien Entfaltung unterstützen.

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