Musik Junge Talente spielen im Seidencarré auf

Die zwölfjährige Laetitia Hahn und ihr Bruder, der achtjährige Philip, beweisen beim Klavierkonzert ihr Können.

Musik: Junge Talente spielen im Seidencarré auf
Foto: Mark Mocznik

Krefeld. Im langen roten Kleid mit Glitzersteinen steht Laetitia Hahn vor dem Flügel und nimmt das Publikum gleich mit auf eine Reise. Sie hat sich nicht nur auf ihre Rolle als Pianistin an diesem Abend im Seidencarré vorbereitet, sondern auch als Reiseleiterin durch die Musikgeschichte. Sie beginnt im Barock, denn das erste Stück, das sie vortragen wird, ist die Französische Suite Nr. 6 in E-Dur (BWV 817) von Johann Sebastian Bach.

Sie erläutert, dass eine Suite eine Folge von Adels- und Bauerntänzen aus verschiedenen Ländern Europas ist. In ihrer kindlich-forschen Interpretation geraten sie alle sehr schnell — im Ernstfall untanzbar, vor allem das Menuet scheint bei ihr die Tempobezeichnung Presto zu haben. Der höfische Tanz wird hier kaum hörbar. Schließlich muss man von einer Zwölfjährigen nicht den Umgang mit den Tempi wie von einem „alten Hasen“ erwarten.

Aber trotz allgemein hohem Tempo gelingt es ihr, den Tänzen unterschiedliche Charaktere zu geben. Bei ihrer Interpretation der Grande Sonate „Pathétique“ in c-Moll von Ludwig van Beethoven zeigt sie deutlicher, zu welcher Ausdrucksvielfalt sie bereits in der Lage ist. Doch der perfekte Umgang mit Anschlag und Lautstärke weist im Adagio cantabile so manche Lücke auf.

Das Spiel mit der linken Hand ist hin und wieder so leise, dass einzelne Töne „verloren“ gehen und so im Gesamtklang kleine „Löcher“ entstehen. Wenn es sich um ein berühmtes Werk handelt, das bestens bekannt ist, fallen fehlende Töne eben auf.

Philip, ihr kleiner Bruder, trägt an diesem Abend zwei Stücke zum Programm bei. Der Siebenjährige spielt den ersten Satz allegro con brio aus der Sonate in D-Dur (Hob. XVI:37). Für die kleinen Finger sind die Läufe kein Problem und souverän geht er über kleine Fehler und Aussetzer hinweg; wie die großen Pianisten spielt er natürlich auch ohne Noten.

Die Musik der Romantik scheint Laetitia besonders zu liegen, denn hier steigert sich ihre Ausdruckskraft noch einmal. Das Gefühlvolle, das im Andante des Rondo Capriccioso (op. 14) von Felix Mendelssohn Bartholdy steckt, arbeitet sie wie eine „Große“ heraus. Eine Tarantella und ein Presto von Franz Liszt nutzt sie als furioses Finale des Konzerts.

An Tempo mangelt es in ihrem Spiel wahrlich nicht und jetzt bietet sie auch ein Fortissimo bei Akkorden, dass man sich wundert, welche Kraft in den Händen der Zwölfjährigen steckt. Das Publikum ist entzückt und begeistert von dem Auftritt der beiden Kinder und bekommt noch eine vierhändig gespielte Zugabe von den beiden Geschwistern.

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