Humor Der Altmeister des Humors kann’s noch

Krefeld · Sex, Gesundheit und Beziehungen: Jürgen von der Lippe treibt dem Publikum die Tränen in die Augen.

Er singt, erzählt und bringt die Menschen zum Lachen: Jürgen von der Lippe rockte das Seidenweberhaus. Foto: Lothar Strücken

Er singt, erzählt und bringt die Menschen zum Lachen: Jürgen von der Lippe rockte das Seidenweberhaus. Foto: Lothar Strücken

Foto: Lothar Strücken

70 Jahre und kein bisschen müde: Jürgen von der Lippe ist ein Urgestein der Unterhaltung und des deutschen Humors. Eine Rampensau im besten Sinn. Mit seiner Bühnenpräsenz weiß er sein Publikum von der ersten Minute an zu fesseln und zu begeistern – so auch am Mittwochabend im ausverkauften Seidenweberhaus. Dabei ist es völlig egal, ob er seine Anekdoten mal banal, seicht oder hintergründig inszeniert. Er ist ein begnadeter Witze-Erzähler. Wegen seiner gepflegten Ausdrucksweise, seinem Mutterwitz und Charme wird der studierte Philosoph selbst dann nicht peinlich, wenn er wieder einmal die Gürtellinie tuschiert.

Genau das lieben seine Anhänger, und deshalb kommen sie in Scharen. Nicht zuletzt auch, weil Deutschlands bekanntester Hawaiihemdenträger derart vielseitig agiert, dass die gut zweistündige Vorstellung nie langweilig wird. Der Allrounder ist Komiker, Moderator, Entertainer vieler erfolgreicher TV-Unterhaltungssendungen, Musiker, Buchautor und selbst auf Theaterbühnen zu Hause. Für viele seiner Auftritte hat er in den unterschiedlichsten Sparten Preise und Auszeichnungen eingeheimst (siehe Kasten).

Mit seinem aktuellen Programm „Voll Fett“ überrascht er das Publikum mit einer Riesenleinwand, auf der humorvolle Fotos zum jeweiligen Thema oder Liedtexte zum Mitsingen gezeigt werden. Als Kernzielgruppen nennt er Frauen und Senioren. „Letztere haben mehr zu erzählen als junge Menschen.“ Seinem mehrheitlich gleichaltrigen Publikum bringt er zunächst die meist respektlose Jugendsprache nahe und löst wahre Lachsalven aus. Beispiele: Biolärm für Vogelgezwitscher, Biotonne für übergewichtige Vegetarier, Hagelschaden statt Zellulitis, Beamtenwindhund statt Schildkröte.

Das Potpourri braucht eigentlich keinen Programmnamen, denn es ist ein Querschnitt durch publikumswirksame Themen: Sex, Gesundheit, Alter sowie generell alles, was mit Beziehungen zwischen den Geschlechtern zu tun hat. Für jeden ist etwas dabei und jeder kennt einen, den es betrifft. Seine Lieblingszielgruppe Senioren lässt er wissen: „Es gibt keine Begrenzung der Schadenfreude“, wobei der Beweis auf dem Fuß folgt und das Publikum beim Einspielen eines Videos Schadenfreudentränen lacht.

Auch sein altersrelativierender Vergleich kommt gut an. „Ein 40-Jähriger kann keine 30 Jahre jüngere Freundin haben – schon aus rechtlicher Sicht, ein Tom Kaulitz darf das umgekehrt schon“, lästert er über Heidi Klum. Den Auftritt als Pastor, eine seiner Lieblingsrollen, verkneift er sich dieses Mal. Nicht aber den als Altrocker. „Reden wir über Alkohol, dann haben wir es hinter uns“, führt er ins Thema ein.

Seine Schlagfertigkeit beweist er, als er durch das Publikum pilgert und auf jeden Buchstaben einen Witz parat hat. Auch wenn er bei seinen Liedern zum Mitsingen, die er auf der Gitarre begleitet, tief in die Mottenkiste greift – seine Anhänger lassen sich gerne animieren, sogar zu Texten mit Zungenbrechern. Bei seinem Alt-Hit „Guten Morgen, liebe Sorgen“, für den er eine Goldene Schallplatte erhielt, schallt es aus dem Seidenweberhaus wie bei einem Konzert.

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