Jazzkeller: Vom Fegefeuer ins Paradies

Das Berliner Gitarrentrio Johnny La Marama verblüffte mit wüstem Stilmix.

Jazzkeller: Vom Fegefeuer ins Paradies
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Ein Finne an der Gitarre, ein Amerikaner am Bass, ein Deutscher am Schlagzeug. Alle drei zusammen sind Johnny La Marama, was erstens ein fiktiver Gangster sein soll und zweitens der Name ihrer Band ist, die in Berlin ihre Basis hat. Musikalisch aber reist das Trio wüst durch alle möglichen Stile und Gegenden, mit der neuen CD geht’s sogar ins „Purgatorio“, also ins Fegefeuer. Auf Einladung des Jazzklubs gastierte die Band am Mittwochabend im Jazzkeller.

E-Gitarrist Kalle Kalima ist ein musikalisches Chamäleon. Eben klingt er noch so, als wolle er sich in Nashville bei einer Country-Show bewerben. Dann lullt er den Zuhörer mit dem fröhlichen Gezirpe afrikanischer Pop-Musik ein, bevor er die Rock-Axt hervorholt und eine Ein-Mann-Gitarrenwand aufbaut, die einen (fast) zu erschlagen droht.

Der New Yorker Chris Dahlgren bedient Kontra- und E-Bass gleichermaßen souverän, entlockt ihnen auch nach Belieben Geräusche, nicht nur Töne, und Eric Schaefer ist ein Drummer der mal rockig, mal im Stil von Drum ’n’ Base, mal jazzig, aber immer sehr gradlinig zu Werke geht und dabei durchaus auch noch Schnörkel — also auflockernde Zwischenschläge — einbringt, ohne dass diese den Druck aus seinem Spiel nähmen. Die Stücke haben mal die Form einfacher Songs, dann gibt’s aber auch Collagen, dann rappen Kalima und Dahlgren ein paar Text-Zeilen über die Musik.

Passend zum Thema Fegefeuer wird gar drei Personen der europäischen Kulturgeschichte ein Denkmal gesetzt. Carlo Gesualdo war ein italienischer Fürst und Renaissance-Komponist und der Mörder seiner Frau Maria D’Avalos und deren Liebhaber Fabrizio Carafa. In diese drei musikalischen Porträts wird teils auch gesprochener Text eingeflochten, so dass man auf einmal Filmmusik oder ein Hörspiel zu vernehmen meint, bevor es auf der Bühne wieder rein musikalisch weitergeht.

Am Ende landet man mit kitschigem Hawaii-Gitarrensound auch noch im „Paradiso“ — Dantes „Göttliche Komödie“ lässt nicht erst hier grüßen. Die Zuschauer sind von dieser postmodernen Gitarrenband, ihrem Witz und ihrem Verve, ihrer Spielfreude und ihrem souveränen Umgang mit Zitaten so angetan, dass sie nicht ohne zwei Zugaben von der Bühne kommen. kMs

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