Jazz an einem Sommerabend: Flirrendes Altsaxophon unterm Sonnensegel

Beim „Jazz an einem Sommerabend“ begeisterte Rudresh Mahanthappa aus New York das Publikum.

Krefeld. Die Sommer werden immer regnerischer. Wer das nicht glaubt, der muss nur die Mitglieder des Jazzklubs Krefeld fragen. Bereits dreimal im noch jungen Jahrhundert musste der JKK sein Festival „Jazz an einem Sommerabend“ vom traditionellen Spielort Burg Linn in Schulaulen verlegen. Vergangenes Jahr wollte man dann auf keinen Fall weichen — und ließ die Zuschauer fünf Stunden im Dauernieselregen hocken. Da musste dieses Jahr die wettersichere Burg-Lösung her.

Das rotweiße Zeltdach mit Platz für sechshundert Stühle machte sich dann auch gut vor der Burgkulisse — und hatte letztlich eine ganz andere Funktion: Das Regendach wurde zum Sonnensegel. Insgesamt 800 Zuschauer tummelten sich in der Vorburg, auch das überregionale Interesse war groß.

Deutschlands Jazzszene hat eine Piano-Hoffnung, und die heißt Michael Wollny. Der Frankfurter eröffnete mit seinem Trio das Festival. Wollny hat einen satten Anschlag und nutzte ihn gleich zu Beginn für eine freitonale Passage — mutig. Den stoischen Ostinati der Kontrabassistin Eva Kuse gab Drummer Eric Schäfer mit quirligen Drum’n’Bass-Beats richtig Fahrt mit, und dann ließ auch Wollny seine Rechte über die Tasten preschen. Wollny und seinem Trio gelang ein farbenreicher Einstieg.

Grandios ging es weiter. Aus New York stammt der Headliner des Festivals. Der Altsaxophonist Rudresh Mahanthappa hat indische Wurzeln, das gehört zu den Gründen seines Erfolgs. Wie er indische Skalen und Rhythmen mit Jazz und im Falle seiner aktuellen Band Samdhi mit Funk mischt, ist sensationell.

Flirrende Läufe mit vielen Prallern und Mini-Glissandi — Mahanthappa spielte ein bewegliches Altsaxophon auf höchstem Energieniveau. E-Bassist Rich Brown unterlegte das mit mäandernden Basslinien. Dummer Rudy Royston akzentuierte den Beat zwar mit harten Snare-Schlägen, gleichzeitig verlieh aber auch er den Grooves mit flüssigen Wirbeln eine ungeheure Sogwirkung.

Eigentlich hätte Mahanthappa als Headliner ans Ende des Programms gehört. Weil aber das Quintett Ronin um den Schweizer Keyboarder Nik Bärtsch eine Lighshow angekündigt hatte, gehörte dieser Band der Auftritt in den dunkleren Stunden des Abends. Die mehr oder weniger statische Lichtdramaturgie entsprach dann aber leider den minimalistischen Funk-Groove-Variationen der Band, die ohne Improvisationen und solistische Glanzlichter ziellos vor sich plätscherten. Ein schwaches Ende für ein ansonsten starkes Festival.

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