Interview mit Pop-Elfe MarieMarie: "Ich verstelle mich nicht"

Die Musikerin kommt nach Krefeld. Mit der WZ spricht sie über ihre Harfe, ihre Kindheit und den ESC-Vorentscheid.

Interview mit Pop-Elfe MarieMarie: "Ich verstelle mich nicht"
Foto: People Picture/Jens Hartmann

Ehrlich gesagt: Das ist das erste Musiker-Interview, das ich so früh morgens führe. Sind Sie Frühaufsteherin?

MarieMarie: Eigentlich nicht, ich schlafe total gerne lang. Aber ich merke, dass ich morgens besonders aktiv bin. Heute bin ich um halb acht aufgestanden. Dann fühlt sich der Tag länger an. Wollen wir uns nicht duzen?

Gerne. Du heißt Maria?

MarieMarie: Nein, bitte einfach Marie. Nicht mal meine Mutter nennt mich Maria.

Du bist in einem Dorf im ländlichen Bayern groß geworden. Wie idyllisch darf man sich deine Kindheit vorstellen?

MarieMarie: Superidyllisch. Ich hatte eine sehr behütete, naturnahe Kindheit. Meine Eltern haben mit meinen Brüdern und mir auf einem Bauernhof gelebt. Hinter dem Haus waren ein Bach und Wiesen, man konnte einfach losrennen bis zum Wald. Ich war die ganze Zeit draußen.

Die Harfe erwartet man eher auf einem Sinfoniekonzert als auf einem Elektropop-Album.

MarieMarie: Ich mache keine Harfenmusik, das ist mir ganz wichtig. Ich mache Musik und arbeite mit allem, was ich dafür zur Verfügung habe — mit akustischen Instrumenten und elektronischen Sounds. Die Harfe ist dabei nur eine von vielen Klangfarben.

Dennoch wirst du darüber vermarktet. Wenn ich erzähle, dass ich MarieMarie interviewe, sagt jeder: Das ist doch diese rothaarige Harfenistin.

MarieMarie: Ich brauche kein Vermarktungsmerkmal. Mich stört es sogar manchmal: Die Harfe zieht zu viel Fokus. Ich möchte dann gerne sagen: Hey, Leute, ich mache doch auch noch viel Musik drum herum.

Und die Haare — sind die ein Werbegag der Plattenfirma oder gab es die schon vorher?

MarieMarie: Meine Plattenfirma sagt mir in dieser Hinsicht gar nichts. Was ich mache, mache ich, weil ich es gerne mache. Ich hatte vorher schon rote Haare. Und die Locken sind echt.

Auf dem Album finden sich viele ungewöhnliche Instrumente wie Cello, Hörner oder Weingläser. Warum suchst du solche Klangexperimente?

MarieMarie: Ich suche die nicht bewusst. Ich stolpere immer wieder über Sounds und Beats, die mich inspirieren. Die landen dann auf meiner To-do-Liste, ich verwende sie, wenn es passt. Ich habe sehr wenige Berührungsängste, egal, mit welchen Klischees etwas belegt ist.

Trifft das auch auf die gemeinsamen Auftritte mit Schlagersängerin Helene Fischer zu?

MarieMarie: Ich habe so wenig mit Schlager zu tun wie der Sommer mit dem Winter. Ich bin ohne Schlager aufgewachsen, ich weiß fast nichts darüber. Vielleicht ist das auch der Grund, dass ich keinen Aufschrei getan habe, als mir der Auftritt mit Helene Fischer angeboten wurde. Musikalisch ist das zwar nicht meins, aber man muss anerkennen: Was sie macht, macht sie gut.

Warum singst du eigentlich nicht auf Deutsch?

MarieMarie: Die Frage habe ich mir auch schon mal gestellt. Ich habe es ausprobiert, aber es fühlt sich für mich nicht richtig an. Die deutsche Sprache verlangt nach anderen Harmonien. Da ich in Boston studiert habe, ist mir das Englische sehr nahe — wir sind ein Liebespaar geworden.

Beim ESC-Vorentscheid bist du ins Halbfinale gekommen. Wie fühlt sich so ein Groß-Event an, wenn man dabei ist?

MarieMarie: Ich wusste nicht, wie ich auf eine so große Bühne reagiere. Aber ich habe schon bei der ersten Probe gemerkt, dass ich es total geil finde. Ansonsten fand ich es nicht einschüchternd, ich habe mich auch nicht wie ein Rädchen im Getriebe gefühlt, sondern ganz entspannt. Allerdings musste ich die Frage, wer gewinnt, komplett ausschalten, das hätte mich gestresst. Bevor wir auf die Bühne gegangen sind, hat dann jeder von uns einen Schluck Whisky getrunken. Das war ein Wagnis, weil ich es noch nie ausprobiert hatte. Aber es hat sich bewährt.

Liegt in der ESC-Teilnahme nicht die Gefahr, einen Stempel zu bekommen und später als Musiker nicht mehr ganz ernst genommen zu werden?

MarieMarie: Vielleicht ist es deswegen gar nicht so schlecht, dass ich nicht gewonnen habe. Ich habe auch vorher lange darüber nachgedacht und mit dem Team diskutiert. Aber dann dachte ich: Ich singe meine Songs, ich verstelle mich nicht. Das ist seltsam bei mir: Ich habe das Gefühl, ich kann mich in verschiedenen Welten bewegen, ohne dass ich mir selber untreu werde.

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