Ausstellung Helmut Hahn: Muster und Linien mit Tiefgang

Krefeld · Der 2017 verstorbene Professor und Künstler schuf ein Œuvre zwischen Textil, Fotografie und Zeichnung. Eine Ausstellung rückt ihn in den Fokus.

 Kuratorin Angelika Rösner – Professorin an der Hochschule Niederrhein – hat exemplarische Arbeiten ihres Lehrers Helmut Hahn für die Ausstellung bei Kunst und Krefeld ausgewählt.

Kuratorin Angelika Rösner – Professorin an der Hochschule Niederrhein – hat exemplarische Arbeiten ihres Lehrers Helmut Hahn für die Ausstellung bei Kunst und Krefeld ausgewählt.

Foto: Andreas Bischof

In den Räumen vom Verein Kunst und Krefeld in der Schalterhalle der Alten Post in der Steinstraße dreht sich vom
26. Januar bis zum 15. März alles um feinste, ästhetisch aufgeladene Strukturen und wie sie aufeinander reagieren – und um einen Mann und sein ästhetisches Wirken: „Helmut Hahn – Zeichnung und Tapisserie“

Wandteppich offenbart esoterischen Hintergrund

Kuratiert von Angelika Rösner sind exemplarisch Exponate aus drei für das künstlerische Schaffen von Hahn paradigmatischen Werkgruppen zu sehen. Dort finden sich Bleistiftzeichnungen, die mit feinsten Linien und Mustern sich miteinander harmonisch verbindende Flächen bilden. Tapetenentwürfe Hahns aus den 1950er Jahren und ein üppiger, minimalistischer Wandteppich aus dem Jahr 1992, der den bemerkenswerten Titel „Vier kleine Kulissen – wie oben so unten“ trägt. Und dieser Titel für das in grüner Vielschichtigkeit schimmernde Objekt, vermag schon ein Hinweis sein, wie man sich dem Schaffen Hahns, das so derart vielseitig ist, nähern kann. „Wie oben so unten“ erinnert an die Tabula Smaragdina – smaragdene Tafel –, jenem geheimnisvollen Text, der Hermes Trismegistos zugeschrieben wird und als Grundlage für die Hermetik, und schließlich der Alchemie galt. Tief esoterisch also.

Möchte man sich dem so vielseitigen Schaffen Helmut Hahns nähern, bedarf es also vielleicht eines neugierigen Blickes hinter das offensichtlich Sichtbare, hinter die fein schraffierte, säuberlich konstruierte Oberfläche. Denn durch alle Medien und Arten des künstlerischen oder auch kunsthandwerklichen Ausdrucks die er im Laufe seines Lebens – er wurde 1928 in Mönchengladbach geboren und verstarb 2017 in Korschenbroich – heranzog, scheint so etwas wie ein tiefliegendes verbindendes Element der Suche verborgen zu sein. Der Suche nach dem passenden Material für seine meditativen, bisweilen konstruiert und über sich hinausweisenden, nicht selten in ihrer Stille sehr poetisch wirkenden Arbeiten. Aber weiß man darum, welche Themen den Künstler und Professor für Textildesign und Farbgestaltung an der Fachhochschule Niederrhein Krefeld abseits seines Berufs umtrieben, so eröffnen sich frappierende, vielsagende Blickwinkel auf sein Œuvre.

Angelika Rösner, Professorin für Produktdesign an der Hochschule Niederrhein, war selbst Schülerin bei Hahn – ist sozusagen seine Nachfolgerin – und weiß viel über sein Schaffen und ihn zu berichten. Von ihr kann man auch erfahren, dass Hahn in seinem Nachlass eine Unmenge an Literatur zu Spiritualität, Mystik, vielleicht auch Esoterik im engeren Sinne hatte. Er war ein Suchender, der sich scheinbar viel mit der Welt und was sie zusammenhält befasste. Abwegig sind Assoziationen wie das obige zur smaragdenen Tafel also nicht. Im Gegenteil. Auch seine Zeichnungen sprechen eine meditative, im Inneren das Äußere und vice versa suchende Sprache.

Und dennoch wirkte er auch viel in die Welt selbst, sei es in frühen Jahren als Bühnenbildassistent, später zunächst an der Seite von Elisabeth und Gerhard Kadow als Schöpfer von Entwürfen für Tapeten und textile Wandgestaltungen. Schließlich auch schon früh als Fotograf, der Strukturen und Muster, ja Systeme in Landschaften und Objekten aufspürte, aber auch mit experimentellen abstrakten Fotografien arbeitete, um immer auch etwas geheimnisvolle Muster zu schaffen. Erwähnenswert ist auch, dass Hahn beauftragter Fotograf für die Documenta III in Kassel war. Er war vernetzt mit den Künstlern in seiner Umgebung, pflegte Kontakte unter anderem zu Max Ernst, den er auch ablichtete.

Exponate sind Leihgaben
des Museums Zons

Schlussendlich, so erfährt man von Rösner, scheint sich das Systematische, das Strukturelle als verbindendes Element durch sein Schaffen zu ziehen. So wie auch durch die Art und Weise, wie er unterrichtete. Wie er seinen Schülern und Schülerinnen näher brachte, mit unterschiedlichen Keimzellen Strukturen von ästhetischem Wert zu schaffen. Gibt es in seinem künstlerischen Nachlass, der sich neben dem Museum Zons, das Leihgeber der Exponate dieser Ausstellung ist, auch im Clemens-Sels-Museum Neuss befindet, auch Experimente und Ausflüge in Sphären, die eher als Episoden begriffen werden müssen. Wie etwa seine Objektkästen. Doch könnte hier ein zweiter Blick eventuell auch lohnen, insbesondere, wenn man dem Verdacht folgte, dass sich mehr Esoterik im so strukturellen Schaffen verbirgt als vermutbar.

Die kleine aber feine Ausstellung bei Kunst und Krefeld kann nur ein Anstoß, ein Fingerzeig sein, den Künstler und Professor weiter ins Heute wirken zu lassen, kann er das auch selbst nicht mehr, indes durch seine Werke schon. Sich mit seinem Schaffen zu befassen, kann auch für heutige Studenten Inspiration sein, die sich über die künstlerische Seite von Farbgestaltung und Produktdesign informieren wollen. Ein kreativer Geist, der sich mehr als Künstler und weniger als Handwerker begreift, wie es in Hahns Fall offenbar immer wieder war, vermag Dinge zu schöpfen, die nicht nur schlichte Kopien von Erfolgsrezepten sind. Auch deshalb will Rösner Studenten einladen, sich mit der Ausstellung auseinanderzusetzen. Vor allem auch dem Aspekt des Tapetendesigns. Stehen jene Tapeten zwar nicht im luftleeren Raum, haben sicherlich in sich Bezüge zu vorangegangenen stilistischen Richtungen auch vor dem Bauhaus, etwa in das Wien der Jahrhundertwende, so zeugen sie dennoch von einer großen Innovationskraft.

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