Grinsekatze,Hutmacher und Märzhase

Im Kresch feiert „Alice“ eine umjubelte Premiere. Die Zuschauer erleben eine Fahrt durch die lebendige Welt der Fantasie.

Grinsekatze,Hutmacher und Märzhase
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. „Alice tu dies, Alice tu jenes. Alice, du darfst nicht träumen. Alice geh einkaufen. Alice, du darfst nicht träumen. Alice, du darfst nicht träumen!“

Wild gestikulierend und mit mehreren vollen Einkaufstüten bepackt, betritt die Protagonistin die Bühne. Sie ist umgeben von Ausrufezeichen. Irgendwo zwischen den fordernden Imperativen haben sich aber noch bunte Fragezeichen versteckt.

Wo kommt plötzlich der weiße Hase mit den roten Augen her? Und ist die Armbanduhr des gestressten Nagers nicht eher eine Pfotenuhr?

Neugierig folgt Alice dem Hasen in den Tunnel und fällt und fällt und zerfällt schließlich in die Mannigfaltigkeit ihrer Persönlichkeit. Eins zu Eins ist jetzt vorbei. Die Interpretation des Jugendtheaters sprüht aus jeder Pore, ist getrieben von wilder jugendlicher Energie. Einen Hauptdarsteller gibt es nicht. Alle spielen Alice. Rennen, hüpfen, heulen, singen, kreischen und tanzen über die schrägen Aufbauten des Wunderlands der Studiobühne II.

Die einfach gehaltenen und doch einfallsreichen Masken von Luisa Stevens verwandeln sie in die skurrilen durchgeknallten Figuren von Lewis Carroll. Die Grinsekatze, der verrückte Hutmacher, der Märzhase. Sie werden durch bunt bearbeitete Papiertüten-Masken dargestellt. Den gleichen, in denen Alice zu Beginn ihren durchgeplanten Einkauf heranschleppte.

Die Grinsekatze vergisst ihr Grinsen und der Hutmacher dreht an der Zeit, bei der ewig stattfindenden Teeparty vollführen gleich mehrere verrückte Gastgeber ein stetiges Plätzchen-Wechsel-Dich-Spiel. Nur Alice findet keinen Platz. Sie wird umher geschleudert und muss sich mit den lehrreichen Absurditäten der Figuren auseinandersetzen. Das sind herrlich umgedichtete Kinderlieder. Und überaus einleuchtend uneinleuchtende Moralpredigten.

Am Ende wird Alice geweckt. „Ihr findet mich dann im Wunderland“, sagt sie und stülpt sich eine bunte Fragezeichentüte über den Kopf.

Unter der Leitung von Anna Brass zeigen die Darsteller des Stadtjugendtheaters in „Alice“, dass das Erkunden bunter Fragezeichen spannender ist, als sich mit starren schwarz-weißen Ausrufezeichen abzufinden.

„Das ist nicht dieses typische Schultheater“, sagt eine Zuschauerin im aufbrausenden Applaus. Nein, das ist eine bunte Achterbahnfahrt durch die lebendige Welt der Fantasie, die ohne oberflächiges Kostümspiel auskommt. Wer ist Alice? Alice kann jeder sein.

Weitere Aufführungen von „Alice“ gibt es im Herbst.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort