„Geschlossenes Museum“ zum halben Preis

Besucher können im Haus am Karlsplatz das Unter- und Mittelgeschoss besichtigen.

Krefeld. Zwei Drittel Museum gibt es zum halben Preis: Eigentlich sollte das Kaiser-Wilhelm-Museum seit Neujahr geschlossen sein, um auf die Sanierung zu warten. Dann kam das Machtwort des Oberbürgermeisters: "Das Museum bleibt auf, so lange es geht."

Jetzt sind Unter- und Mittelgeschoss weiterhin geöffnet, auf den Treppen zum Obergeschoss hängen Schilder "Geschlossen". Oben ist die letzte Wechselausstellung abgebaut, eine neue war nicht vorgesehen, Wasserschäden verhindern eine Standardbelegung, zum Beuys-Komplex kommt der Besucher auf Anfrage und in Aufsichtsbegleitung.

Kurz nach 11 Uhr am Samstag kommen drei Studenten, einer aus Duisburg, zwei aus Berlin. Sie sind entzückt vom Zero-Raum und Jean Tinguelys wild klappernde Reste der 1960 umgeformten Schreibmaschine "Monika". Sie bleiben eine Stunde. Schließlich sorgen sie noch für Umsatz im Museums-Shop. Ob der noch nachgefüllt wird? Am besten wäre er ausverkauft, wenn die Bauarbeiter kommen. Aber wann kommen sie?

An einem Tag wie diesem reichen drei Aufsichtskräfte, inklusive Kassenbesetzung und Caféteria-Betreuung. Eine der Damen war schon zum Museum Burg Linn abgeordnet, als die Schließung organisiert wurde. Dort fehlt sie jetzt für 18 Stunden.

Ihre Kollegin hatte im Februar mit dem Aufsichts-Job begonnen, sie wäre eigentlich arbeitslos, wenn der Oberbürgermeister nicht auf "Öffnung" bestanden hätte. Jetzt hat sie wieder einen Zeitvertrag bis Jahresende. Wenn die Sanierung startet, muss sie neu suchen.

Während es sich in den Ausstellungshäusern Lange und Esters "knubbelt", weil die Fotos von Andreas Gurksky international "in" sind, sind die Räume im Stammhaus am Karlsplatz mehr als überschaubar. Ein Paar verliert sich in den Räumen der Moderne. Die Neonschrift "Hagoroma" von Mario Merz von 1969 ist eingeschaltet, die schmale Welle von Hans Haacke bricht sich nach wie vor am Widerstand.

Das Parlamentsgebäude von Claude Monet aus dem Jahr 1904 hängt ruhig im guten Licht von Süden. Statisch ruhig hängt das filigrane Mobile "Das weiße Skelett" von Alexander Calder unter der Stuckdecke, keine Besucherströme wirbeln Luft auf, um das Werk in Bewegung zu versetzen. "Am Nachmittag und am Sonntag ist etwas mehr los", vermutet die Dame an der Kasse.

Gruppenführungen und Besuche von Schulklassen sind bisher nicht vorbereitet, dafür war die Zeit zu kurz beim Umschalten von Schließung auf Weiteröffnung.

Die Berliner Künstlerin Julia Horstmann (34) wird sich freuen: Ihr seit dem vergangenen Jahr an der Freitreppe sichtbares Gouache-Fresko "Ohne Titel" erhält noch eine Galgenfrist, bis die Handwerker es unweigerlich von der Wand kratzen.

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