Musik Free Jazz, Noise Rock und Balladen

Krefeld · Vor dem Jazzkeller gestaltet das Trio Darrifourcq/Hermia/Ceccaldi ein Livekonzert

 Das Trio das Darrifourcq/Hermia/Ceccaldi spielte vor dem Jazzkeller.

Das Trio das Darrifourcq/Hermia/Ceccaldi spielte vor dem Jazzkeller.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Der Schlagzeuger Sylvain Darrifourcq steckte sich dann auch noch ein Deutschlandfähnchen auf die Bassdrum. Er und seine Mitmusiker Valentin Ceccaldi, Cello, und Manuel Hermia, Tenorsaxophon, saßen während des Spiels Deutschland gegen Portugal auf der Kante der Bühne vor dem Jazzkeller und warteten geduldig und mit jenem Fähnchen als Deutschlandfans getarnt auf den Schlusspfiff des über zwei Bildschirme in den Biergarten übertragenen EM-Spiels. Kurz nach dem Spiel startete das französisch-belgische Trio dann das erste reguläre Live-Konzert des Jazzklubs Krefeld in diesem Sommer. Ach ja, Corona. Die Bedienung trug noch eine Maske, die Gäste mussten das nicht. Anmelden musste man sich zum Konzert, die Menschen an einem Tisch durften aus nicht mehr als fünf Haushalten stammen. Das ist ja alles ertragbar. Mehr Sorgen musste man sich kurz nach dem Sieg der Deutschen darüber machen, ob die Kombination aus Fußballübertragung und anschließendem Konzert so glücklich ist. Aber die murmelnde Nachbetrachtung der Fans kam zugunsten der Konzentration auf die Musik sehr schnell zum Erliegen. Das lag an der Musik.

Einem anderen Störfaktor stellte sich im wahren Wortsinn ein Jazzfan entgegen. Die WZ berichtete ja bereits, dass Autoposer auf der Lohstraße bei einem anderen Konzert des Jazzkellers für Unruhe gesorgt hatten. Jetzt hielt sich der an dieser Stelle auch gar nicht zugelassene Durchgangsverkehr aber in Grenzen, und man konnte zusehen, wie ein Mensch friedlich einen SUV zum Wenden bringen kann. Nun aber zur Musik. Als hätte es sich vorgenommen, die für die spätere Nacht angekündigten Gewitter vorwegzunehmen, startete das Trio mit einem höchst expressiven Free-Jazz-Furioso. Um dann gleich in der nächsten Nummer mit einem sehr meditativen Einstieg aufzuwarten.

Ceccaldi entlockte seinem Cello minutenlang nur einen Bordunton, Darrifourcq arbeitete mehr als ideenreicher Perkussionist denn als Schlagzeuger, indem er etwa mit Becken über die Trommelfelle schabte. Und darüber legte dann der Belgier Hermia mit seinem Tenorsaxophon eine klagende Melodie.

Vielfalt des Trios spiegelt Darrifourcq in seinem Spiel

Und so ging das weiter. Auf Passagen und Stücke im kollektiven Fortissimo folgte balladeske Zurückhaltung, Free-Jazz-Ungebundenheit wechselte sich ab mit kantig-groovigem Noise-Rock-Feeling, auf die freie Fokussierung auf Klänge folgte dann wieder das gemeinsame Eintauchen in meist elegische Melodik und Harmonik. Nur drei Musiker, aber was für ein reichhaltiger musikalischer Kosmos.

Hermias Spiel changierte dabei zwischen expressiver Eloquenz und sensibler Brüchigkeit. Ceccaldi verblüffte mit immer wieder anderen Ostinati, großer Dynamikbandbreite und rhythmischer Finesse, die sich mit der Rhythmusarbeit Darrifourcqs zu oftmals schwindelerregender Polyrhythmik verband. Die große Bandbreite des Trios insgesamt spiegelte Schlagzeuger Darrifourcq virtuos in seinem Spiel: indem er seine straighten Grooves sehr offen gestaltete und sein Rubatospiel wiederum sehr stringent entwickelte.

Am Ende gab es von den Gästen viel Applaus für dieses tolle Trio und seine so reichhaltige Free-Jazz-Fusion.

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