Kammerkonzert Flair einer Hausmusik-Matinée

Krefeld · Das zweite Kammerkonzert der Niederrheinischen Sinfoniker fand in einem fast intimen Rahmen statt – vor 70 Besuchern im weiten Theatersaal.

 Das 2. Kammerkonzert im Theater Krefeld fand vor knapp 70 Zuschauern statt.

Das 2. Kammerkonzert im Theater Krefeld fand vor knapp 70 Zuschauern statt.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Das zweite Kammerkonzert der Niederrheinischen Sinfoniker fand in einem fast intimen Rahmen statt. Das Flair einer Hausmusik-Matinée kam einmal durch das Programm, bestehend aus Kammermusikwerken von Ludwig van Beethovens, dem Amerikaner Ferde Grofé und dem Niederländer Jan van Gilse, zustande, aber auch durch die im weiten Theatersaal auf Abstand gehaltenen knapp 70 Zuhörer, und schließlich durch die Trio-Besetzung mit Darío Portillo Gavarre, Flöte, María del Mar Vargas Amezcua, Violine und Martin Börner, Viola. 

Letzterer moderierte auf informative und zugleich sehr unterhaltsame Art das einstündige Konzert, das mit Beethovens „Serenade D-Dur Op. 25“ begann. Der stilistische Einfluss Joseph Haydns stellte das 1801 entstandene Werk in die Tradition der „beschaulichen“ Wiener Klassik, die unterhaltsam und noch apolitisch geprägt war – ein Ohrenschmaus für das adelige und gutbürgerliche Wiener Publikum. Erst später entwickelte sich Beethovens Personalstil (ähnlich wie bei Schubert) zu einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem politischen Umfeld eines Napoleon oder Metternich mit formalen Brüchen und kühnen Harmonien. Im langsamen Satz „Andante con variazioni“ gestalteten die Musiker die unterschiedlichen Variationen achtsam und anmutig, vom revolutionären Habitus der späteren „Diabelli-Variationen“ war hier noch nichts zu erahnen. 

Auch das zweite Werk Beethovens, die Variationen über „La ci darem la mano“, einer Arie aus Mozarts „Don Giovanni“, gehört noch in das Genre bürgerlicher Unterhaltungsmusik. Stilistisch an die oben beschriebene Serenade angelehnt, musizierten die drei Musiker sehr präzise und gut aufeinander eingespielt virtuose Passagen ebenso überzeugend wie ruhige Melodien. So gekonnt und stilsicher die meisterliche Kompositionsweise Beethovens hier bereits schon war, angepasst an den bürgerlichen Geschmack und sehr abwechslungsreich, so kann man doch auch nachvollziehen, dass Beethoven in den späteren Jahren sich mit einem kantigen, emotional aufbrechenden Kompositionsstil seinen besonderen Personalstil erarbeitet hat. Die schon erwähnten „Diabelli-Variationen“ sind ganz anders konzipiert als die noch braven Serenaden und frühen Variationen. Hohe Anerkennung gilt den drei Musikern, deren authentische Spielweise diese klassisch-unterhaltsame Periode erlebbar machte.

Mit orchestralen Arrangements einen Namen gemacht

Stilistisch ganz anders geartet, aber dennoch ebenso unterhaltsam dargeboten erklangen „Table d´Hote, Humoresque“ von Ferde Grofé, einem in Los Angeles aufgewachsenen Amerikaner, der sich vor allem mit orchestralen Arrangements von Gershwins „Rhapsodie in Blue“ einen Namen gemacht hat. Seine manchmal auch sehr humorvolle Musik ist geprägt von Tonalität mit Ausflügen in die Freitonalität, Filmmusik-affin, angelehnt an Charles Chaplin und Georg Gershwin. Ähnlich, aber eher europäisch geprägt erklang Jan van Gilses „Trio“. In der spätromantischen Tradition eines Wagner, Mahler und Reger (er war in Berlin Schüler von Humperdinck) zog er sich 1933 mit der Machtübernahme durch die Nazis in seine holländische Heimat zurück, wo er als Widerstandskämpfer gegen die deutschen Besatzer bis zu seinem Tod in 1944 in einem Versteck verharrte, während er miterleben musste, wie seine beiden Söhne umgebracht wurden. Feine, sensible Stimmführung prägen den Musikstil, tonal und freitonal, im langsamen Satz auch leicht folkloristisch eingefärbt. Ein Verdienst der drei niederrheinischen Sinfoniker, diesen Schatz gehoben zu haben. Dankbarer Applaus hallte durch den Saal.

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