Es stinkt in der Glitzerwelt

Christoph Roos bringt Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ auf die Bühne — als Blick auf die Abgründe moderner Gesellschaften.

Es stinkt in der Glitzerwelt
Foto: Matthias Stutte

Krefeld. Wenn es am Stadttheater um Abgründe moderner Gesellschaften geht, heißt der Regisseur oft Christoph Roos. In „Experiment“ enttarnte er in einem grausamen Menschenversuch den Normalbürger als Sadisten, in der Killerballade „Roberto Zucco“ ließ er einen Mörder ohne Motiv über die dünne Kruste unserer Zivilisation wandern. Sogar den 350 Jahre alten „Menschenfeind“ von Molière gestaltete er als bis heute gültige Parabel über Ignoranz und Heuchelei.

Nun also Dürrenmatt, „Der Besuch der alten Dame“ (Premiere am Freitag, 19.30 Uhr). Noch so ein Stoff, der in 60 Jahren nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat, noch so eine Geschichte über Macht, Moral und Gewalt. Die reiche Witwe Claire Zachanassian (Eva Spott) kehrt zurück in ihr armes Heimatdorf Güllen. Sie bietet den Bewohnern ein Vermögen — vorausgesetzt sie töten ihren ehemaligen Liebhaber Ill (Bruno Winzen). Der hatte ihr vor Jahren ein Kind angehängt, sie wurde vertrieben und in die Prostitution gedrängt.

Das Stück, das bis heute beliebter Schul- und Theaterstoff ist, wirft genau die Fragen nach Gut, Böse und Dazwischen auf, die Roos interessieren. Für den Schweizer Friedrich Dürrenmatt war das Werk gleichwohl eine Komödie. „Diese Facette spielt bei uns keine große Rolle“, erklärt Dramaturgin Barbara Kastner. Für sie geht es in erster Linie um „eine Liebesgeschichte mit politischem Hintergrund“.

Um sie zu erzählen, arbeitet Christoph Roos wie bei früheren Produktionen mit dem Musiker Markus Maria Jansen und dem Bühnenbildner Peter Scior zusammen. Letzterer ist mit seinem Glaslabyrinth aus „Zucco“ und der famosen Kippbühne aus „Der Menschenfeind“ in bester Erinnerung. Diesmal beginnt er in einer Müllhalde, die sich mittels einer großen Aufräumaktion in eine Glitzerwelt verwandelt. Das könnte ein passendes Bild sein für das Dorf Güllen mit seinen Saubermännern und ihren schmutzigen Händen.

Premiere am Freitag, 19.30 Uhr. Karten unter Telefon 02151/805 125.

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