Einer, der sich treu bleibt

In seiner letzten „offiziellen“ Spielzeit überzeugt Matthias Oelrich in einigen Glanzrollen.

Krefeld. Rasch eilt Matthias Oelrich die Treppe hinunter und schließt die Haustür: Unordnung mag er nicht. Auch in seiner Wohnung in der Südstadt hat alles seinen Platz, ohne dass gleich sterile Sauberkeit herrscht. Im Wohnzimmer stehen die Bücher in Reih’ und Glied. Goethe in Leder, mehrere Spannen Reclam, Reiseliteratur. Und Psychologie. "Die gehören meiner Frau", sagt der Schauspieler, der am Stadttheater seine letzte Spielzeit als festes Ensemblemitglied erlebt.

Oelrich hat gerade den Katzenreisekäfig ins Nebenzimmer gestellt: Mausi muss operiert werden, beide kommen gerade vom Tierarzt zurück. Mausis bester Freund, der Hund, liegt derweil auf dem Balkon und tankt ein bisschen frische Winterluft.

Oelrich setzt sich vor eines der prallen Bücherregale und erzählt aus seinem Schauspielerleben. "Ich habe mehr gelesen als die meisten Dramaturgen und Regisseure", sagt er lächelnd; so manche Mode sei an ihm vorbeigezogen - Matthias Oelrich ist einer, der sich treu bleibt.

Jetzt steht der 66-Jährige in mehreren Rollen auf der Bühne, in die sein Erfahrungsschatz aus Jahrzehnten Bühnenarbeit einfließt, die er aus sich selbst heraus nach Gusto gestalten kann. Oelrich, der Schauspieler, spielt in gleich zwei Stücken Schauspieler.

Erfahrung mit Künstlermonologen hat er schon vor zehn Jahren in Süskinds "Der Kontrabass" gesammelt. Nun ist er in "Heute wieder Hamlet" der gescheiterte Bühnenstar und amtierende Vorhangzieher Ingo Sassmann. "Das macht mir Spaß", sagt Oelrich. Er verleiht der Figur eigene Züge. "Das ist mein Spiel mit dem Publikum, die Leute mögen es, mich wiederzuerkennen."

Das tun sie auch bei "Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm" von Theresia Walser. Das Stück führt drei Schauspieler in einem Fernsehstudio zusammen: Zwei von ihnen haben Hitler verkörpert, einer Goebbels. Sie reiben sich aneinander und an ihrer Auffassung des eigenen Berufs. Für den wandlungsfähigen Oelrich ist das eine erneute Herausforderung an die eigene Spielfreude. "Das ist sehr reizvoll", sagt er. "Ich habe in meinem Schauspielerleben alle diese Phasen durchgemacht."

Ein Hauch von Revolutionär steckte bereits in den Anfängen in ihm - schon in der Schule : "Da war ich der Klassenkasper". Aus dieser Neigung zur (Selbst-)Darstellung hat Matthias Oelrich seinen Beruf gemacht. Vor gut zehn Jahren kam er ans hiesige Theater. In dieser, seiner letzten "offiziellen" Spielzeit gibt er noch mal alles für das Publikum - in Krefeld und Mönchengladbach ist er zurzeit in acht5., verschiedenen Produktionen zu sehen.

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