Konzert Eine außergewöhnliche Sängerin mit viel Gefühl

Joy Denalane überzeugt auf der Bühne mit ihrer authentischen Art. Sie lässt das Publikum an ihren Emotionen teilhaben.

Konzert: Eine außergewöhnliche Sängerin mit viel Gefühl
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Es gibt Konzerte, da stehen die Künstler auf der Bühne und sind trotzdem ganz weit weg. Unnahbar, entrückt, wie von einem anderen Planeten. Und dann gibt es diese magischen Abende, da kommt man ihnen ganz nah. Wer am Dienstag in der Kulturfabrik zu Gast war, ging danach mit dem Gefühl nach Hause, die Sängerin Joy Denalane ein bisschen besser kennengelernt zu haben.

Denalane hat den Soul, die Musik von Ray Charles, Aretha Franklin und Erykah Badu, die ihre Wurzeln im Rhythm ‘n’ Blues und Gospel hat, in Deutschland etabliert. Ihre Stimme ist wie gemacht dafür, Geschichten aus der Tiefe der Seele zu erzählen: ehrlich, gefühlvoll, herzergreifend. Ihr neues Album „Gleisdreieck“, das erste nach sechs Jahren, ist Anfang März erschienen. In Krefeld feierte Denalane nun ihren umjubelten Tour-Abschluss.

Die Sängerin hat nicht nur eine Stimme, die ihresgleichen sucht, sondern ist von Kopf bis Fuß eine Ausnahmeerscheinung. Im weißen Overall steht sie auf der Bühne, umgeben von ihrer ganz in Schwarz gehüllten Band. Sie strahlt, als wäre ein Scheinwerfer auf sie gerichtet. Mit „Himmel berühren“, dem ersten Song ihres Albums, eröffnet sie das Konzert. „Ich kann den Himmel berühren, die Weichen verstellen“, singt sie. „Und jeden Tag neu verzeiht mir die Welt.“ Es ist ein Lied, das von der Zuversicht handelt, dass ein Neuanfang jederzeit möglich ist — egal, was gestern war.

Um die „Inseln der Glückseligkeit, die flüchtigen Momente des Glücks“ geht es in „Alles leuchtet“, der Single-Auskopplung, die momentan häufig im Radio zu hören ist. Im „Kinderlied“ von ihrem Debüt-Album „Mamani“ singt sie von der Freude, Mutter zu werden, und im neuen „Vorsichtig sein“, das sich anschließt, um die Herausforderung, seine fast erwachsenen Kinder loszulassen. Ihre anscheinend zauberhafte fünfjährige Nichte lernen die Konzertbesucher im Song „Elli Lou“ kennen. Es sind Lieder, die sich den schönsten Seiten des Lebens widmen. Als „totale Optimistin“ hat sich Denalane, Jahrgang 1973 und Mutter zweier Söhne, im WZ-Interview bezeichnet. Das liegt aber nicht daran, dass sie immer nur auf Rosen gebettet war. Und auch an den düsteren Momenten lässt sie ihre Zuhörer teilhaben, denn sie hat sie musikalisch eindrucksvoll verarbeitet.

Ob Beziehungen, die langsam ihrem Ende entgegengehen („Hologramm“), das schreckliche Gefühl, betrogen zu werden, („Geh jetzt“), oder das Verhältnis zur außerehelichen Tochter ihres Mannes Max Herre („B.I.N.D.A.W.“) — man spürt, dass da sehr reale Emotionen dahinterstecken. Am bewegendsten ist aber „Zuhause“, ein Lied über den Alltagsrassismus. Denalane hat es — nur begleitet von einer Akustik-Gitarre — ihrer verstorbenen Mutter gewidmet, „dem Menschen mit dem Plan, der immer alles wieder ins Gleichgewicht gebracht hat“. So ergriffen ist ein Konzertpublikum nur selten zu erleben. „Ich bin dankbar, dass ich das hier machen darf“, sagt Denalane zum Abschluss. „Ich stehe zwar hier vorne, aber ich bin nur Teil eines Riesen-Apparats, ohne den das alles nicht möglich wäre. Auch ohne euch nicht.“ Das beweist: Große Künstler brauchen nicht zwingend ein großes Ego. Sie müssen nur authentisch sein.

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