Ein Werk des Stadtbaumeisters

Entwürfe der Herbertzhäuser am Marktplatz werden Adolph von Vagedes zugeschrieben.

Krefeld. Die Westfront des Marktplatzes in Uerdingen wird von den drei Herbertzhäusern eingenommen, die eine dominierende Abschluss-Architektur nach Westen bilden. Sie wurden ab 1832 als Wohnhäuser der Gebrüder Balthasar, Jakob und Josef Herbertz errichtet. In dem Buch „Adolph von Vagedes.

Ein rheinisch-westfälischer Baumeister der Goethe-Zeit“ des Schriftstellers und Regisseurs Walter Kordt werden die Entwürfe für die drei Häuser Adolph von Vagedes zugeschrieben. Bislang wurde das lediglich angenommen.

Der junge Balthasar Napoleon Herbertz ließ 1830 für sich und seine zwei jüngeren Brüder Jakob und Josef drei große Wohnhäuser am Uerdinger Marktplatz entwerfen. Davor lag der Familienwohnsitz weiter südlich an der Oberstraße. Die Familien Herbertz waren überaus wohlhabende Kaufmannsfamilien, die ihr Geld mit dem Kolonialwarenhandel und einer Rüben- und Zuckerraffinerie verdienten.

Zusammen sind die stilistisch eine Einheit bildenden Gebäude mit einer fünfzehnachsigen Front 50 Meter lang, 16 Meter hoch und streng klassizistisch gegliedert. Den oberen Abschluss bildet ein durchgehendes gusseisernes Geländer mit Rosetten. Sehenswert sind vor allem die klassizistisch stuckierten Treppenhäuser. Walter Kordt fasst in seinem Buch zusammen: „Eine Kostbarkeit an Harmonie“.

Der Ausbau der Innenräume mit weitgehend gleichen Grundrissen wurde mit besonderer Sorgfalt und Großzügigkeit durchgeführt. Die Treppenhäuser in allen drei Häusern sind mit Wendeltreppen und kunstvollen Schnitzereien versehen. Die Treppenpfosten sind aus Edelholz.

Mittelpunkt der Häuser waren die in der ersten Etage liegenden Salons. Der Salon im jetzigen Rathaus dient heute als Trausaal.

Für die Malereien in den beiden linken Gebäuden sollen die Brüder Jacob und Benjamin Orth aus Mainz verantwortlich gewesen sein, vermutet Walter Kordt in seinem Buch, das 1961 im Auftrag des städtischen Amtes für Wirtschaft und Verkehr des Beigeordneten Wilhelm Böttger herausgegeben wurde. Die Stuckaturen dürften von italienischen Künstlern stammen.

Leider sind die Herbertzhäuser erst spät dem Denkmalschutz unterstellt worden. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg wurden sie erstmals gründlich überholt. Von Zerstörung im Weltkrieg blieben sie verschont. Das ursprüngliche Bild der Herbertzhäuser wird heute allerdings gestört durch den zu Beginn der 1930er-Jahre erfolgten Umbau der Apotheke und vier Schaufenstern, die die klare Symmetrie der Fensterfronten durchbrachen.

In den Jahren 1870 bis 1880 wurden die Häuser verkauft. Die Stadt Uerdingen erwarb die beiden äußeren Häuser. Links das Rathaus, rechts das damalige Amtsgericht. Bis vor wenigen Monaten befand sich dort die Bücherei. Das mittlere Haus wechselte von 1880 bis 2012 mehrmals den Eigentümer.

Carl van Beers verkaufte es 1887 an den Apotheker Michael Neuss, der es 1915 an August Diedenhofen verkaufte. 1926 übernahm die Apotheke und das Haus Heinrich Kreifelts, der Urgroßvater von Roman Bastian, dem heutigen Inhaber. 1953 begann die Restaurierung der Decken und Wandmalereien im Rathaus (Sitzungssaal) durch den Moerser Konservator Richard Perret. 1974 wurde die Außenfassade des Rathauses renoviert, später die anderen. 1989 strahlten die Herbertzhäuser nach vollständiger Renovierung im neuen Glanz. 2012 wurde das Rathaus erneut restauriert.

Das nördliche Haus (Bücherei) wird im neuen Entwurf des Flächennutzungsplanes statt als Gemeinbedarfsfläche als Kerngebiet (Handel, Wohnen) ausgewiesen. Das legt den Schluss nahe, dass es verkauft werden soll. In kommunalen Besitz bliebe dann nur noch das Rathaus.

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