Eröffnung Ein Hauch von Argentinien in Krefeld

Gelungener Auftakt: Fabián Carbone hat das Bandoneon-Festival eröffnet.

Fabián Carbone mit seinem Bandoneon.

Fabián Carbone mit seinem Bandoneon.

Foto: Strücken, Lothar (sl48)

Gewissenhaft breitet Fabián Carbone ein Tuch auf seinem Bein aus und legt langsam sein Bandoneon ab, während im Publikum allmählich Ruhe einkehrt. Daraufhin scheint Carbone in einen gänzlich anderen Modus zu wechseln, in dem er fortan in völliger Wesenseinheit mit seinem Instrument agiert. Mit einem kurzen Solo-Auftritt bietet Carbone den Gästen in der Fabrik Heeder einen Vorgeschmack auf das darauffolgende Konzert seines Cuartetos, mit dem er am Sonntagabend einen eindrucksvollen Auftakt des diesjährigen Bandoneon-Festivals hinlegt.

Er spielt im Quartett neben dem Flügel von Juliane Birkenholz, Boris Franz’ Kontrabass und der Geige Julia Lechs zumeist die Hauptrolle, verschmilzt allerdings zeitweise mit dem grandiosen Geigenspiel, wodurch die hochemotionalen Gefühle von Sehnsucht und Liebe besonders zur Geltung kommen. In Sekundenschnelle wechseln die Künstler von gefühlvollen zu schnellen Tönen, die Spannung und Dramatik erzeugen. Besonders Carbones stellt hierbei den unglaublichen Facettenreichtum des Bandoneons unter Beweis.

Zwei spanische Gesangseinlagen Carbones vervollständigen das Gefühl, man befinde sich für einen kurzen Moment in den „Milongas“ von Buenos Aires. Das Lied „Mi bandoneón y yo“ (Mein Bandoneon und ich) ist eine Liebesbekundung an das Instrument, das seit seiner Kindheit ein stetiger Begleiter ist.

Der unangefochtene Höhepunkt des Konzerts ist allerdings das Lied „Vuelvo al sur“ (Ich kehre in den Süden zurück). Es ist Teil des Films „El Sur“, der die Geschichte eines Widerständlers erzählt, der nach der Diktatur aus dem Gefängnis entlassen wird. Zugleich ist der Film mit dem Lied eine Hommage an die Rückkehr vieler Argentinier in ihre Heimat. Carbones Großvater wanderte damals aus Sizilien ein und erlernte das Bandoneon, was letztlich zur Familientradition wurde. Eine typisch argentinische Geschichte, wie Carbone festhält. Dass ihn der Text des Liedes so sehr berühre habe einen tragischen Hintergrund, denn sein Vater und sein Bruder fielen beide der willkürlichen Gewalt während der Diktatur zum Opfer. Durch die Musik und das Bandoneon sei er letztlich wiedergeboren. „Es war meine Tür zur Glückseligkeit,“ sagt er.

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