Kultur Ein fiktives Treffen von Voltaire und Beuys

Der Krefelder Professor Jochen Stücke stellt seinen Zeichenzyklus ein Jahr auf Schloss Moyland bei Kleve aus.

Kultur: Ein fiktives Treffen von Voltaire und Beuys
Foto: Carlos Albuquerque

Krefeld. Friedrich der Große, Voltaire und Beuys: Jochen Stücke, Professor der Hochschule Niederrhein, bringt diese drei großen Protagonisten der Politik,- Geistes- und Kunstgeschichte zusammen. In seinem Zeichenzyklus „Moyländer Episoden“, der zurzeit in den Räumen im Erdgeschoss von Schloss Moyland gezeigt wird, thematisiert Stücke die erste Begegnung des damals noch jungen Preußenkönigs mit dem 18 Jahre älteren französischen Philosophen Voltaire im September 1740 auf Schloss Moyland.

Jochen Stücke hat seit 2002 die Professur für die Fächer Zeichnen, Illustration und künstlerische Druckgrafik am Fachbereich Design der Hochschule Niederrhein inne. Er wurde 1962 in Münster geboren, seine künstlerischen Arbeiten sind in zahlreichen Sammlungen im In- und Ausland vertreten.

Die Moyländer Episoden sind dritter Teil eines Zyklus. Schon 2009 legte Stücke das „Paris, Album I“ vor, „Paris, Album II“ folgte 2013. „Paris, Album III“, also die „Moyländer Episoden“, bilden den Begleitkatalog zur Ausstellung. Schon das von Stücke gezeichnete Vorsatzblatt des 239 Seiten starken Buches zeigt seinen besonderen Blick auf die Welt, um die es geht.

In ovalen Medaillons der „Reizleitungen des europäischen Nervensystems“ sind große Denker mit ihren Lebensdaten verzeichnet. Daneben stehen Anmerkungen zu ihren hauptsächlichen Überlegungen. Mit energischen Pfeilen schafft Stücke Verbindungen zwischen den Denkgebäuden. Und genau diese Verbindungen sind auch Inhalt seiner Zeichnungen.

Voltaire und Friedrich II. begegneten sich auf Schloss Moyland. Diese Begegnung ist Jahrhunderte später Thema einer Novelle des Krefelders Otto Brües. Moyland ist nicht nur Ort der ersten Begegnung der beiden — die Stiftung Museum Schloss Moyland besitzt heute die größte Sammlung an Werken von Joseph Beuys. „Beuys ist von der französischen Revolution fasziniert, er hat sich früh mit einzelnen Akteuren identifiziert. Von der Aufklärung führt ein direkter Weg zu seinem Kunstverständnis“, sagt Stücke. Somit verbindet alle drei ihr in der Aufklärung verwurzeltes Gedankengut eines europäischen Geistes und der Traum von einer Verbesserung der Welt.

Friedrich und Voltaire wollen die Idee der Aufklärung in die Praxis umsetzen, Beuys durch seine Ideen und mit Hilfe seiner Sozialen Plastik den Menschen und die Gesellschaft verändern. Jochen Stücke zeichnet also Friedrich in seiner Kutsche, das Treffen mit Voltaire; Brües’ Arbeitszimmer und Beuys als Schatten darin. Die Räume verbinden die Menschen, die Chronologie wird ausgeschaltet.

Stückes Zeichnungen sind voller Anspielungen, Assoziationen; mit jeder Arbeit weist er wieder in eine neue Richtung und schickt die Augen und Gedanken und unbekannte Gefilde. Vorangestellt sind ein ausführliches Vorwort und ein informatives Gespräch mit dem Künstler.

Das dreisprachige Katalogbuch ist mit Texten von Sylvie Le Ray-Burimi, Jochen Stücke und Barbara Strieder erschienen. Es ist im Museumsshop für 29 Euro erhältlich.

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