Musik Ein europäisches Kammerkonzert

Mitglieder der Niederrheinischen Sinfoniker spielten unter dem Motto „Traumgekrönt“.

Den Titel für ihr Kammerkonzert fanden die Mitglieder der Niederrheinischen Sinfoniker bei Rainer Maria Rilke. Dessen Gedichte inspirierten sie, diese „Klangsinnlichkeit, Entrückung und Zwielicht“ an Beispielen aus der Musik widerzugeben. „Musik, die in einem Niemandsland zwischen Träumen und Erwachen angesiedelt ist“ – so erklärte Georg Paltz dem Publikum das Motto „Traumgekrönt“. Ein nicht alltägliches Programm mit einer nicht minder ungewöhnlichen Besetzung kam dabei zustande: ein Streichquartett mit der Begleitung durch eine Klarinette sowie als krönendem Abschluss einer Bassklarinette.

Anna Maria Brodka und Noh Yun Kwak (Violine), Laura Krause (Viola), die Cellistinnen Lorena Meiners und Gundula Leitner, die sich während des Konzerts abwechselten, sowie Georg Paltz mit Klarinette und Bassklarinette versetzten das Publikum im Glasfoyer des Theaters in andere Welten. Die Klarinette bekam kurz den Vortritt in Alexander Glasunows (1865-1936) Rêverie orientale für Klarinette und Streichquartett. Sie begann mit einer melancholischen Melodie, die die Streichinstrumente aufgriffen. Am Ende der orientalischen Träumerei setzte das Ensemble sehr anschaulich ein Stimmungsbild aus der Wüste anschaulich um. Die leisen Tonwiederholungen erschienen wie das Flirren der Luft bei einer Fata Morgana.

Bodenständisch europäisch und romantisch kam dagegen das Streichquartett in a-Moll op. 41 Nr. 1 von Robert Schumann daher. Doch dazu gehörte eine große Bandbreite an Gefühlen und Stimmungen. Ausdrucksstark zwischen Leidenschaft, Aufgewühltsein und zarten Emotionen pendelte die Musik, die das Ensemble mit schönster Homogenität umsetzte.

Eine Entdeckung war der letzte Programmpunkt. Paltz hatte in seiner Einführung schon mit Leidenschaft auf den Tag der Europawahl und Vorzüge eines vereinten Europas hingewiesen: „Alle sechs Ensemblemitglieder haben einen unterschiedlichen Länderhintergrund“. Außerdem bezeichnete er das Werk des britischen Komponisten York Bowen (1884-1961) als ein „europäisches Stück“. Das Phantasy Quintet op. 93 für Bassklarinette und Streichquartett sei keine ausschließlich nationale Musik, es nehme Bezug auf den französischen Impressionismus und man könne es auch als einen „Nachgesang“ auf Wagners Tristan und Isolde verstehen.

Das Stück regte sehr die Phantasie an, doch die schweifte nicht quer durch Europa. Vielmehr fühlte man sich in das alte Gemäuer eines englischen Castles versetzt. Wurde da nicht eine Gespenstergeschichte von der tiefen sonoren Stimme der Bassklarinette erzählt, zu der die Streichinstrumente wunderschön die jeweils passende Atmosphäre schufen?

Das Publikum bedankte sich mit einem langen Applaus.

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