Ein besonderes Erlebnis
Sängerin Julia Spies und Jesse Flowers überzeugen beim Serenadenkonzert im Rittersaal.
Auch wenn es durch eine geschickte Aufstellung der Stuhlreihen im Rittersaal nicht unbedingt sofort auffällt, ein Duo Gesang und Gitarre motiviert deutlich weniger Zuhörer als eine „klassische“ Kammermusikbesetzung von Klavier und Streichern. Dabei entgeht den abwesenden Stammgästen der Serenadenkonzerte ein nicht alltägliches Musikerlebnis mit dem Duo Amaris, das heißt Julia Spies, einer ausgezeichneten jungen Sängerin und ihrem Duopartner Jesse Flowers.
Beide haben eine Reihe von internationalen Wettbewerben sowie Preisen gewonnen und wurden im vorigen Jahr als Stipendiaten in die 61. Bundesauswahl Konzerte junger Künstler aufgenommen.
Mit Liedern aus „The First Booke of Songes and a Musicall Banquet“ von John Dowland (1563-1626) beginnen sie ihre Serenade, wie sie passender für den Rittersaal kaum hätte sein können. Flowers Gitarrenbegleitung und der Gesang der Mezzosopranistin entführen in dieser Kulisse mühelos auf eine Zeitreise. Voller Gefühl und feinen Nuancen des Ausdrucks lässt die Sängerin die Inhalte lebendig werden. In dem Song „Come again: Sweet love doth now invite“ singt sie in freudiger Erregung einer Verliebten. Auch wenn es kaum möglich ist, das alte Englisch zu verstehen, die darin steckenden Stimmungen und Wechselbäder der Gefühle bringt sie mit unmissverständlicher Klarheit.
Hedwig Dittrich, Besucherin
Eine ausgereifte wie wunderbare Interpretation bietet sie in dem gesungenen Wunsch „Come heavy sleep“. Die Sehnsucht nach Schlaf in Zeiten von Trauer bis hin zu einem behutsamen Locken des Kräfte spendenden Schlafs, ihre Umsetzung ist voller Emotionen — ohne unangemessen stark aufzutragen, sondern — man könnte sagen — in vornehmer englischer Zurückhaltung.
Dowlands Musik in jüngerer Bearbeitung hat sich Flowers für seinen Soloauftritt vorgenommen. Die feinen Unterschiede zwischen einem Stück mit dem Titel „Very agitated“ (Sehr getrieben) und „Restless“ (Ruhelos) sind bei seiner Interpretation mühelos wieder zu finden. Virtuosität, ohne sie besonders herauszustellen, prägt sein Spiel. Mit „Mélodies“ von Claude Debussy (1862-1918) beweist das Duo, dass es auch in der impressionistischen Musik zu Hause ist.