Kultur Édouard Bénédictus: Ein Feuerwerk an Farben

Krefeld · Vor 90 Jahren starb der einflussreiche Künstler des Art Déco. Das Deutsche Textilmuseum in Linn stellt Teile seiner Werke aus.

 Isa Fleischmann-Heck, stellvertretende Leiterin des Deutschen Textilmuseums, präsentiert die Entwürfe von Édouard Bénédictus, die im Rahmen der aktuellen Ausstellung „Zeitkolorit“ zu sehen sind.

Isa Fleischmann-Heck, stellvertretende Leiterin des Deutschen Textilmuseums, präsentiert die Entwürfe von Édouard Bénédictus, die im Rahmen der aktuellen Ausstellung „Zeitkolorit“ zu sehen sind.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Er galt seinerzeit als Multitalent: Musiker, Designer, Bühnenbildner, Chemiker – und eben einflussreicher Künstler des Art Déco in den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts: Édouard Bénédictus. Begonnen hatte er seine Karriere als Buchbinder. Das Deutsche Textilmuseum in Linn zeigt noch bis Ende August eine Ausstellung mit Entwürfen aus dem limitierten Mappenwerk des Franzosen, der sich mit Gouachemalerei einen großen Namen gemacht hatte.

Die Schau ist Teil der
Zeitkolorit-Ausstellung

Die Exposition reiht sich ein in die Ausstellung „Zeitkolorit – Mode und Chemie im Farbenrausch.“ Isa Fleischmann-Heck, stellvertretende Leiterin des Museums, spricht ein wenig mit Stolz über die seltenen Werke, die seit 2009 im Besitz des Hauses lagern: „Das ist ein echter Schatz in unserer Ausstellung. Die Farben sind frisch wie vor 100 Jahren.“ 15 Personen können derzeit gleichzeitig das Haus besuchen. Die Räume sind wieder geöffnet.

Seine ab 1922 entstandenen Dekorationsentwürfe für Stoffe und Tapeten wurden erstmals 1924 unter dem Titel „Variations“ auf 20 Tafeln präsentiert. Eine bestimmte Schablonentechnik ist notwendig, um diese Bilder zu erstellen. 1926 erschien seine zweite Auflage mit weiteren Werken. Aus diesem Fundus liegen dem Textilmuseum Exemplare vor. 1925 stellte er bei der „Exposition internationale des arts décoratifs et industriels modernes“ in Paris aus. Weltweit kamen Künstler und präsentierten ihre Werke. Nur die Deutschen waren damals nicht willkommen, sieben Jahre nach dem Ersten Weltkrieg.

Muster werden in seinen Bildern mit Bedacht miteinander kombiniert. Eintönigkeit soll vermieden werden, eine gestalterische Gesamtwirkung überraschen. Starke Farbkontraste sowie ein Wechsel von Ruhe und Unruhe sind Merkmale seiner Werke. Zudem gibt es eine Abgrenzung der Flächen und Konturen. Oft zu sehen sind offene Blüten, verschattete Blätter und üppige Bordüren. Florale Motive sind häufig in seinen Bildern zu finden, gegen Ende des Jahrzehnts ging Bénédictus immer mehr zu geometrischen Formen über.

Immer sind seine Bilder stark koloriert. Nicht umsonst sprach man bei diesem Stil von einem „Feuerwerk an Farben.“ Seine Muster dienten in anderen Bereichen als Inspirationsquelle, wie zum Beispiel im Stoffdruck, bei Geweben und Tapeten. Die französische Tapetenindustrie, ansässig im Elsass, war in dieser Zeit noch führend in der Welt. Er pflegte eine enge Bande zu französischen Seidenunternehmen und zur Pariser Avantgarde. Dies führte für ihn zu bedeutenden Aufträgen.

In seinen Werken spielt er gekonnt mit Farben und Formen und mit der Erwartungshaltung der Betrachter. Die Ähnlichkeit zu seinen frühen exotischen Schöpfungen im Bereich der Bühnenkostüme kann außerdem kein Zufall sein. Ein Mappenwerk kostete damals bis zu 200 Francs, was zu dieser Zeit ein erheblicher Wert war. Ein Ausdruck von Luxus, wer sich solch ein Kunstwerk anschaffen konnte.

Bénédictus besaß auch Patent auf Sicherheitsglas für Autoscheiben

Die verwendete Schablonentechnik ist eine Art der Kolorierung. Jede Farbe braucht eine eigene Schablone. Einzelstücke sind somit kaum produziert worden. Immer sind sie in hoher Auflage erschaffen worden. Die Kolorierung war eine Sache für Spezialisten. „Ich vermute, dass es heute kein Atelier mehr gibt, das so etwas herstellt“, sagt Isa Fleischmann-Heck. Auch diese Annahme unterstreicht den Seltenheitswert der Werke in der Linner Ausstellung.

Viel von seinem Ruhm hat Édouard Bénédictus, der außerdem Anfang des 20. Jahrhunderts noch ein Patent auf Sicherheitsglas für Autoscheiben besaß, nicht mehr gehabt. Zu Beginn des Jahres 1930 verstarb der Franzose in Paris. 90 Jahre später liegen Teile seiner farbenfrohen Werke nun im Deutschen Textilmuseum.

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