Dujardin – Krefelds größte Kunsthalle

Ausstellung: Die Spannung steigt: Ab Sonntag zeigen 37 Künstler ihre Werke in Uerdingen.

Krefeld. Größer könnte der Kontrast nicht sein. Statt ins glänzende Foyer des Kaiser-Wilhelm-Museums treten die Besucher in einen tristen Lastenaufzug, der ächzend ins dritte Stockwerk des alten Fabrikgebäudes kriecht. Die Kunst hängt dort an schmutzigen Wänden, steht auf dem verschlissenen Boden. An der Decke sorgen einige Neonröhren für spärliches Licht.

"Die Strahler kommen am Freitag", beruhigt Jan Kalff, einer der fünf Organisatoren der "Großen Dujardin". Ab Sonntag werden hier 37 Krefelder Künstler gezeigt: An eine größere Präsentation der hiesigen Kunstszene kann sich niemand erinnern.

Was sie sich mit ihrer spontanen, ein bisschen trotzigen Idee eingebrockt haben, spüren Kalff, Bart Koning, Johannes Trittien, Ralf Janowski und Günter Dohr deutlich. "Wir sind von morgens acht bis abends elf im Einsatz", sagt Trittien. Und Kalff gibt zu: "So langsam geht es an die Substanz."

Dass all die Mühe sich lohnt, ist schon jetzt erkennbar, obwohl längst noch nicht alles hängt. Besonders die Entscheidung, keine festen Blöcke zu bilden, sondern die Künstler zu mischen, kommt der Ausstellung zugute. So ergeben sich quer durch die riesigen Räume des ehemaligen Fasslagers faszinierende Bezüge.

Wo Doris Kaisers strenge, auf den ersten Blick sperrige Platten aus Gips und Ton auf die wild wuchernden, lebhaften Skulpturen von Gerhard Hahn treffen, entsteht Faszination und Spannung. Ein paar Schritte weiter begegnen sich Frank Jacob Essers fliegende Tiere, die ursprünglich für "Quer geschnitten" vorgesehen waren, und eine beängstigende Feuerwalze von Rudolf Löhr. Der Maler nimmt Katastrophenbilder aus der Presse als Vorlage, er arbeitet oft jahrelang an seinen verstörenden Szenarien.

Einen Moment der Verzweiflung zeigt auch Jan Kalff, der sich selbst knieend am Strand porträtierte. Eine Welle hatte den Maler im Urlaub zu Boden geschleudert und für Minuten gelähmt. Mit dem Bild hat er diesen "Moment zwischen Leben und Tod" künstlerisch verarbeitet. Bewusst unpersönlich sind die Werke von Frank Bernemann: Beobachtend blickt er auf Menschen in alltäglichen Straßenszenen. Spektakulär seine Technik: Wachs auf Holz erzeugt ungewöhnliche Muster.

Überhaupt kommen Großformate in diesen riesigen Hallen am Besten zur Geltung: Sehr auffällig sind die scheinbar chaotischen Zeichnungs-Knäuel, die Andrzej Swierczynski zu bunten Gesamtkunstwerken verdichtet. Er trägt stets ein Skizzenbuch in der Tasche: "Ich zeichne 24 Stunden am Tag." Mehr als 300 dieser Bücher hat er zu Hause gesammelt.

Wie im Museum wird auch die alte Dujardin-Fabrik in den kommenden Wochen zu einem Ort der Entdeckungen, aber auch des Wiedersehens. Die Räume stoßen bei den Künstlern auf Begeisterung. Sie loben all den Platz für große Arbeiten, die "wunderschöne Atmosphäre" und den "Charme des Hässlichen".

Freude herrscht auch beim Dujardin-Erben Matthias Melcher und seiner Mutter Karin. Sie kennt die zweite und dritte Etage noch als Lager für zehntausende 300-Liter-Fässer. Jetzt Kunst darin zu sehen, weckt in Karin Melcher keine Nostalgie: "Ich bin überhaupt nicht traurig", sagt sie. "Ich freue mich einfach, dass hier nichts verkümmert, sondern neues Leben entsteht. Wer hätte gedacht, dass aus Dujardin mal ein Kunst-Zentrum wird?"

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