Kultur Domian begeistert seine Fangemeinde

Der Kult-Seelenberater erzählt in der Kufa von seinen Erlebnissen.

Kultur: Domian begeistert seine Fangemeinde
Foto: abi

Krefeld. Jürgen Domian kann es nicht lassen. Nachdem er Ende letzten Jahres nach 22 Jahren seinen nächtlichen Talk bei Radio 1Live und im WDR-Fernsehen beendet hat, bat er am Dienstag und Mittwochabend seine Anhänger zum Nachgespräch. Die Kulturfabrik war ausverkauft.

Aus dem schier unerschöpflichen Reservoir seiner Gespräche mit 25 000 Anrufern fällt es ihm leicht, auf seiner Tour durch NRW ein Fazit seines Schaffens und seiner Erlebnisse zu ziehen. Das Publikum, Menschen aus allen Altersklassen, hängt an seinen Lippen und stellt ihm Fragen. Was hat er über die Menschen gelernt? Wie hält man 21 Jahre Nachtschicht aus? Und wie sieht sein Leben danach aus?

Nachts ab ein Uhr waren die Leitungen offen für alle. Tabus gab es kaum, eher in der Anfangszeit, zum Beispiel beim Thema Alter und Sex. „Später nicht mehr. Wir sprachen mit Nazis, Kommunisten, Päderasten, Hooligans und allen anderen — solange man mit ihnen noch reden konnte“, sagt Domian. „Dabei hörte ich viele Dinge, die an die Substanz gingen. Oft musste ich mich danach erst zurückziehen und mit unseren Psychologen sprechen, um alles zu verdauen.“

Psychologische Hilfe nach den Sendungen erfuhren in belastenden Fällen auch die Anrufer. Domian, der in der Kufa als Stichwortgeber und Gesprächspartner seinen Kollegen und WDR-Moderatoren Mike Litt dabei hat, berichtet von teilweise krassen Fällen. Das begann bei sexuellen Fetischen wie einem Bad in Tierblut über Vergewaltigungen und Missbrauch bis zu Demütigungen. Im Fall einer Frau, die von ihrem Mann aus sexuellen Gründen gemästet wurde, empfahl Domian — entgegen seiner Grundeinstellung — den Mann rauszuschmeißen und sich therapeutische Hilfe zu suchen.

Schwierige Gespräche führte er auch zu Themen um Tod, Mord und Trauer. Mit der Mutter eines ermordeten Kindes, die in ihrer Familie keine Ansprechpartner fand, habe er 30 Minuten lang gesprochen. Bei Gefahr im Verzug wie bei Morddrohungen, sei die Polizei eingeschaltet worden. Kurze Video-Einspieler aus seinen Sendungen machen deutlich, mit welchem Feingefühl und wie unbefangen Domian mit seinen Gästen am Telefon umging und warum ihm so viel Vertrauen entgegengebracht wurde. Zuhören, Aufmerksamkeit schenken, Vertrauen gewinnen, Hoffnung vermitteln und auch einmal böse werden, seien wichtige Kriterien für die Gesprächsführung gewesen.

Es habe aber auch viele lustige und schräge Erlebnisse gegeben, erzählt Domian. Trotz allem seien bei ihm aber Schäden zurückgeblieben. Sein Menschenbild habe sich verschlechtert, weil er in zu viele Untiefen der menschlichen Seele blicken musste.

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