Der Stille tänzerisch auf der Spur

Theaterstück feierte im Rahmen des Festivals Move! Premiere.

Der Stille tänzerisch auf der Spur
Foto: Presseamt Krefeld

Kinder bekommen oft gesagt, dass sie still sein sollen. Aber was bedeutet eigentlich Stille, und wie kann man sie erleben? Um dieses komplexe Thema kreist das neue Tanztheaterstück „Stille“, das die bekannte Düsseldorfer Choreographin Sabine Seume für Kinder ab fünf Jahre entwickelt hat. Die Premiere war jetzt im Rahmen des Festivals Move! in der Fabrik Heeder zu erleben. Dabei zeigte sich, dass es auch für Erwachsene ein spannendes Thema ist. Spielerisch ist der Einstieg in das knapp einstündige Stück. Drei Personen toben mit verbundenen Augen über die Bühne, über die teilweise ein weißes, höhlenartiges Stoffgebilde mit vielen Öffnungen gespannt ist.

Nach einer kurzen Zäsur beginnt die Frau (Camilla Scholtbach), wild zu tanzen, der eine Mann (Musiker Jakob Rullhusen) liefert den Sound dazu. Der zweite Tänzer (Felipe Gonzáles Berrios) bewegt sich im Gegensatz dazu extrem langsam, dafür aber das Ganze Stück über kontinuierlich. Eine unglaublich konzentrierte Leistung, die im Vergleich zu den sportlichen Hochleistungen seiner Kollegin nicht weniger spektakulär ist. Bis auf kurze Momente bleibt jeder für sich. Wechselnde Klänge, die der Musiker mit den unterschiedlichsten Mitteln herstellt, begleiten die Szenen. Der Hörsinn, der sich von allen Sinnen des Menschen als erstes entwickelt, wird fast die ganze Zeit gefordert.

Die Tänzerin drückt ihre unterschiedlichen Emotionen auch mit stummen Grimassen aus, probiert an anderer Stelle aber auch aus, welche Geräusche sie mit ihrer Stimme erzeugen kann. Auch dabei zeigt sie höchsten Körpereinsatz, und das merkwürdiges Blubbern und Glucksen wird vom Publikum sehr humorvoll aufgenommen. Doch es gibt auch Bewegung, die sich in aller Stille vollzieht. Beide Tänzer zeigen eindrucksvoll, wie man mit dem Körper Stille oder eben auch das Gegenteil verursachen kann.

Ein weiteres Thema, das aufgegriffen wird, ist die Stille in der Natur. Diese verbinden viele mit Schnee. Im Stück sind es große Gefäße mit einer Schaummasse, die so präpariert ist, dass sich daraus eine Art Schnee zaubern lässt.

Hier rückt wieder der spielerische Aspekt in den Vordergrund und bewahrt das Ganze vor zu viel Abstraktion. Erst zögernd und dann immer übermütiger beginnt die Tänzerin mit dem Schaum zu spielen, pustet ihn in die Luft oder wirbelt ihn mit Stoffteilen über die Bühne bis zum Publikum. Es entstehen poetische und witzige Bilder. Vor allem die jungen Zuschauer haben an den Schneeszenen die meiste Freude.

Beim Gespräch mit der Choreographin interessierte vor allem die Frage, woraus der Schnee gemacht ist. Die Mischung wurde nicht verraten. Ohne ein bisschen Geheimnis und Zauberei funktioniert Theater ja nicht. „Stille“ ist keine ganz leicht zugängliche, aber vielseitige Spurensuche zu einem der elementarsten Themen dieser Zeit.

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