„Der Begriff Chor hat ein verstaubtes Image“
Hermannjosef Roosen kehrte Krefeld vor 25 Jahren beruflich den Rücken — heute tritt er mit seinem Chor zum ersten Mal wieder in der Stadt auf.
Krefeld. Chorleiter Hermannjosef Roosen wird für sein engagiertes Coaching, seine innovativen Ideen und seine inspirative Arbeit geschätzt. Allerdings nicht in seiner Heimatstadt. In Krefeld hat der 62-Jährige eher die Rolle des einsamen Rufers in der Wüste. 1990 kehrte Hermannjosef Roosen Krefeld beruflich den Rücken. „Aus Verbitterung habe ich gesagt: ‚Schluss! Aus! Feierabend!’“, erzählt er. „Bis heute bin ich dem treu geblieben.“ Heute bricht er seinen Vorsatz.
Zum ersten Mal seit 25 Jahren tritt er mit seinem Frauen-Ensemble „Chant du choeur changeant“ in der Friedenskirche auf (siehe Kasten). „Pfarrer Michael Windhövel hat mich für ein Benefiz-Konzert breit geschlagen“, sagt Roosen. Der stellvertretende Vorsitzende des Internationalen Chorleiterverbandes war lange Jahre als Kirchenmusiker in der Pfarre St. Anna tätig. 1990 nahm Roosen Abschied, weil er „mit der Situation der Kulturangestellten in der Kirche nicht mehr fertig wurde“.
Fortan arbeitete Roosen als selbständiger Dirigent und Chorleiter in Städten NRWs. „Der Begriff Chor hat ein verstaubtes Image“, sagt er. „Auch in Krefeld stirbt die Chorszene mangels Masse.“ Vor allem für Männerchöre werde es immer enger. „Nachwuchsmangel“, sagt Roosen achselzuckend. Ihn wundert es nicht, dass Jugendliche der verstaubten Vereinsmeierei und den Volksliedern fernblieben. „Die Schere zwischen der Jugend und den Älteren kriegt man nicht zusammen.“