Das Theater ist sein Zufluchtsort

Mohei Aldin Alhaj flüchtete vor zwei Jahren aus Syrien. Das Schauspielern im Theater hintenlinks gibt ihm ein Stück Heimat zurück.

Das Theater ist sein Zufluchtsort
Foto: Andreas Bischof

Gut einen Monat dauerte die Odyssee mit Boot, Auto und zu Fuß - vom syrischen Damaskus über Mazedonien und Österreich nach Deutschland. „Wir liefen nachts durch Wälder, ich orientierte mich an dem weißen Kopftuch meiner Frau“, erzählt Mohei Aldin Alhaj. Vor zwei Jahren flüchtete der 44-Jährige mit seiner Frau und den beiden Kindern. Das Theater hintenlinks gibt ihm als Laiendarsteller ein Stück Heimat zurück.

Die ständige Angst, die Familie und die Gruppe zu verlieren, beherrschten 2016 den Alltag. Seine geliebte Literatursammlung ließ er schweren Herzens zurück. Mit jedem Roman verbindet der Syrer eine Erinnerung. Wenn er Heimweh hat, besucht er die Mediothek und liest arabische Bücher.

Schauspielern ist seine Leidenschaft. Schon immer träumte er davon, auf einer Theaterbühne zu stehen. In Syrien schrieb er Theaterstücke für Kinder und Jugendliche, engagierte sich als Schauspieler in der Theatergruppe seiner Universität, führte Regie.

Bei einer Schauspielschule in Syrien hatte er aufgrund des hohen Andrangs jedoch kein Glück. Als das Theater hintenlinks nach Zombie-Statisten für seine Neueröffnung suchte, nahm er am Casting teil - und erhielt kurz darauf sogar eine kleine Rolle im aktuellen Stück „Tagebuch eines Wahnsinnigen“ von Nikolai Gogol. Darin geht es um die kritische Bewertung von Arbeitswelten, Burn-outs und Umbrüche.

Peter Gutowski, Betreiber des Hinterhoftheaters, erinnert sich: „Von den 30 Bewerbern stach Mohei aufgrund seiner Bühnenpräsenz und Körperspannung besonders heraus.“ Schauspielerin Anuschka Gutowski schwärmt: „Und singen kann er auch noch.“ Besonders gefällt ihr das syrische Schlaflied in der Inszenierung. Hinzu kommt Alhajs technisches Geschick.

Der Bühnenbau ist für den studierten Maschinenbauer keine Hürde. Trotz seiner beruflichen Erfahrung und Qualifikation sucht der Ingenieur seit längerer Zeit einen Job. Die Arbeit ist für den Laiendarsteller sehr wichtig. Erst vor kurzem hat er die B2-Deutschprüfung gemacht. „Die deutsche Sprache ist schwer, aber das kommt mit der Zeit“, sagt er zuversichtlich.

An Deutschland müssten er und seine Familie sich immer noch gewöhnen: die grünen Wiesen, das wechselhafte Wetter und die vielen neue Gesichter. Er möchte Deutschland in allen Facetten kennenlernen und durch das Theater neue Kontakte knüpfen. „Ich möchte nicht nur sitzen und warten“, erklärt Alhaj.

Er wolle sich in der Gesellschaft nützlich machen, sich und seine Familie eingliedern. Bald wird er zum dritten Mal Vater.

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